Adventsgottesdienst
Staatsanwaltschaft ermittelt – Pastor verabschiedet sich
Burg Stargard / Lesedauer: 3 min

Tim Prahle
Eine ältere Dame schüttelt vehement den Kopf. „Ich kann das einfach nicht verstehen“, sagt sie, während sie ein letztes Mal Pastor Christian Rudolph die Hand reicht. Der lächelt, wenngleich ein bisschen gequält. Es sei ja auch nicht zu verstehen, antwortet er.
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Es sind keine befriedigenden Antworten, die der langjährige Pastor den Besuchern an diesem Sonntag geben kann. Er, der Mauscheleien nach eigenen Worten nicht mag und seinen Mitmenschen gerne in die Augen sieht, muss und will bei dieser einen Sache weiter schweigen.
Kirche sieht mehrere Amtspflichtverletzungen
Seit dem Frühjahr läuft gegen ihn ein „förmliches Disziplinarverfahren“. Die Evangelisch-Lutherische Kirche Bayern, die Christian Rudolph vor 28 Jahren nach Ballwitz zwischen Neubrandenburg und Neustrelitz entsendete, will aus Gründen des Datenschutzes und des Persönlichkeitsrechtes ebenfalls keine Angaben machen. Nur so viel: Es soll zu mehreren Amtspflichtverletzungen im Gebiet der Nordkirche, das neben Mecklenburg-Vorpommern auch Schleswig-Holstein und Hamburg umfasst, gekommen sein. Wie diese aussahen, verrät die Kirche nicht.
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Doch ganz offenbar ist das Anliegen längst keine kircheninterne Sache mehr. Nach weiteren Angaben aus Bayern ermittelt derzeit auch die Staatsanwaltschaft. Bis die Ermittlungen – von denen Christian Rudolph bis zum Sonntag offenbar selbst gar nichts wusste – abgeschlossen sind, ruht das kirchliche Verfahren.
„Es ist ein großer Verlust für uns“
Beim Adventsgottesdienst in der St. Johanneskirche nahm der langjährige Pastor nun noch einmal persönlich Abschied. Mit gewohnt fester Stimme sprach er zu den mehr als 120 Kirchenbesuchern. So voll sei es selbst zu Adventsgottesdiensten in der Vergangenheit selten gewesen, sagte Pastorin Magdalena Rauner im Nachgang. Der unfreiwillige Weggang ihres Kollegen dürfte damit direkt zu tun haben. „Es ist ein großer Verlust für uns“, fügt Magdalena Rauner an. Christian Rudolph sei immer tatkräftig gewesen, kenne viele Menschen und habe sich nicht zuletzt für das Zusammenwachsen der Kirchgemeinden Ballwitz, Teschendorf und Stargard starkgemacht.
Christian Rudolph selbst bedankte sich für die „phänomenale“ Unterstützung innerhalb und außerhalb der Kirchgemeinde. Er habe immer versucht, über die Grenze der Kirche hinauszublicken und zu agieren, sagte er dem Nordkurier.
Beim Dienstantritt nicht nur von großem Pfarrhaus und -garten überfordert
Als er vor knapp 30 Jahren ins Pfarrhaus nach Ballwitz kam, hatte die Sache noch gänzlich anders ausgesehen. Nicht nur das große Haus und der große Garten hätten ihn als jungen Mann damals erst einmal überfordert, erzählt Rudolph. Als Mann aus dem Westen, ungeachtet seiner Ostverwandschaft, sei ihm in Mecklenburg zunächst auch nicht viel zugetraut worden. Zudem seien Kirchenfeindlichkeit und Respektlosigkeit damals noch weit verbreitet gewesen. „Schnell gab es das Gerücht, ich würde die Gemeinde wieder verlassen“, erinnert er sich. Doch von Mauscheleien hielt er damals schon nicht viel. Er beschloss, nur dann zu gehen, wenn ihn wirklich etwas Neues reizen würde. „Diese Entscheidung ist mir nun abgenommen worden“, sagt Christian Rudolph.
So ist der Advent, der doch ursprünglich für eine bevorstehende Ankunft im christlichen Glauben steht, im Stargarder Land dieses Jahr auch eine Zeit des Abschieds.