Telefonbetrug in der Seenplatte wird Weihnachten zunehmen
Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Eine gefühlte Wahrheit konnte das Polizeipräsidium Neubrandenburg nun mit Zahlen unterlegen. Die Betrugsversuche am Telefon in der Region haben wieder zugenommen. Allein in der Herbstferienwoche gingen zehn Anzeigen bei den Beamten ein. „Die Dunkelziffer wird höher liegen, da nicht immer alle Betrugsversuche gleich oder überhaupt angezeigt werden“, sagte Präsidiumssprecherin Claudia Tupeit.
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Opfer sind vornehmlich ältere Menschen
Mit den unterschiedlichsten Maschen versuchen die Betrüger, vornehmlich ältere Menschen am Telefon hereinzulegen und um deren Erspartes zu bringen. In Malchin erbeuteten sie Anfang Oktober sogar 10.000 Euro. Gern auch mit falsch angezeigten Telefonnummern geben sich die Kriminellen als Enkel, falscher Polizist, Sparkassen-Angestellter oder Microsoft-Mitarbeiter aus.
So erhielt etwa eine 82-jährige Seniorin aus Altentreptow Mitte September einen Anruf. Am anderen Ende gab sich eine Unbekannte als Polizistin aus, informierte Diana Mehlberg von der Pressestelle der Polizeiinspektion Neubrandenburg. Angeblich seien die Adressdaten der Treptowerin bei Einbrechern gefunden worden. Die Masche ist der Polizei bekannt. Weiterführend wäre es darauf zugegangen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, zu erfragen, welche Wertgegenstände im Haus sind und dass sie diese doch zur Sicherheit zur Verwahrung an die Beamten geben solle. So weit kam es nicht, die Angerufene bemerkte schnell den Betrug.
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Die Betrüger versuchen es immer wieder
Noch am selben Tag versuchte eine Unbekannte, bei einem 74-Jährigen aus Wildberg genau dieselbe Masche, erneut erfolglos. „Diese Menschen spielen verschiedene Rollen. Das kann soweit gehen, dass ein angeblicher Staatsanwalt anruft.“ Der wiederum auf den vorangegangenen Anruf der Polizei verweise, um wieder die Menschen dazu zu überreden, ihre Wertsachen abzugeben. „Wir gehen von reisenden Tätern aus, die immer das Gebiet wechseln.“
Einer 80-Jährigen aus Siedenbollentin winkte laut Anrufer vor rund zwei Wochen der Preis eines Gewinnspiels. Vorab müsste sie aber 1000 Euro in Form von Google-Play-Karten übergeben. An die Kontodaten hatten die Betrüger ebenfalls versucht zu gelangen. Auch in diesem Fall fiel die Angerufene nicht auf die Geschichte herein und verständigte stattdessen die Polizei, berichtet Diana Mehlberg.
Sei die Telefonnummer einmal in Betrüger-Händen, müssten Opfer immer wieder mit Anrufen rechnen, heißt es von der Polizei. „Die durchblättern auch ganz einfach Telefonbücher und wählen die Namen aus, die alt klingen“, sagt Claudia Tupeit. Teilweise säßen die Gruppen nebeneinander, jede kriegt einen Zettel mit Telefonnummern und dann werden den Tag über mit einer Masche ein paar Vorwahlbereiche abtelefoniert, erläuterte sie.
Manche fühlen sich im Stich gelassen
Doch dem Weitiner Herrn Levenhagen gehen die Anrufe zu sehr „auf den Senkel“, wie er sagte und auf die Nennung seines Vornamens lieber verzichtet. Immer wieder muss er Unbekannte abwimmeln. Über den Rat der Polizei, in letzter Konsequenz die Telefonnummer zu wechseln, kann er nur den Kopf schütteln. Er wollte wegen der Belästigung eine Fangschaltung eingerichtet wissen. „Da hat mir die Polizei gesagt, ich solle es selbst einrichten. Für 120 Euro im Monat. Das geht doch nicht“, sagte er empört.
Doch Tupeit verteidigte: „Ich kann den Frust verstehen, aber dann müssten wir halb Neubrandenburg mit Fangschaltungen ausrüsten. Das können wir nicht leisten.“ Das Frustpotenzial bei den Angerufenen sei natürlich hoch, da Ermittlungserfolge auf sich warten lassen. „Wir leiten das meist an LKA, BKA oder auch Interpol weiter. Dort liegen die Ermittlungen“, sagte Tupeit. Die Telefon-Betrügereien seien nicht nur ein bundesdeutsches Problem, die Callcenter lägen häufig in anderen Ländern, wie etwa der Ukraine, Polen oder der Türkei. Die Ermittler seien da auf viel Kooperation mit den inländischen Behörden angewiesen. „Das Wichtigste sind die Prävention, die Aufklärung der Bürger und der Appell an die Verwandten, ihre Eltern und Großeltern zu sensibilisieren“, sagte Polizeisprecherin Tupeit.
Vor Weihnachten liegt das Geld lockerer
In den Ferien nehmen die Versuche zu. Die Betrüger spekulieren darauf, dass die nächsten Verwandten in den Ferien weilen und diese ihre Eltern und Großeltern nicht noch warnen können. „In der Adventszeit werden die Versuche wieder zunehmen“, sagte Tupeit. Denn vor Weihnachten liegt das Geld meist lockerer, die Hürde, dem vermeintlichen Enkel in Not zu helfen, noch geringer.