Haushaltsplan
Tützpatz sieht trotz Defizit einer positiven Entwicklung entgegen
Tützpatz / Lesedauer: 4 min

Kai Horstmann
„Du kannst nicht aufhören, in eine Gemeinde zu investieren. Es hat sich über die Jahre gezeigt, dass dadurch nichts besser geworden ist. Weder für die finanzielle Situation der Gemeinde noch für deren Infrastruktur“, sagt Roland Schulz. Er muss es wissen. Der Versicherungskaufmann aus Idashof ist seit über 20 Jahren Gemeindevertreter und seit fünf Jahren Bürgermeister in Tützpatz, einer der vielen verschuldeten Gemeinden des Amtes Treptower Tollensewinkel.
Gemeinde weiter unter Sparzwang
Am Donnerstag wurde hier vom Gemeinderat der Haushaltsplan verabschiedet. Der Ergebnishaushalt für das Jahr 2023 spricht eine deutliche Sprache: Die Einnahmen liegen bei 978.025 Euro und die Ausgaben bei 1.313.635 Euro, was ein Minus von 297.960 Euro bedeutet. Der Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen ohne Umschuldungen wird auf 434.300 Euro festgesetzt. „Die Gemeinde hat seit Jahren eine weggefallene dauerhafte Leistungsfähigkeit. Wir befinden uns in der Konsolidierung“, erläutert Roland Schulz und glaubt nicht mehr daran, dass er als Bürgermeister eine schuldenfreie Gemeinde Tützpatz erleben wird.
Durch die Haushaltskonsolidierung muss die Gemeinde die Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes bis zum Haushaltsjahr 2026 beschließen. Darin ist die Anpassung der Hebesätze ein Bestandteil. Während die Grundsteuer B unverändert bei 406 Prozent gelassen wird, steigt die Grundsteuer A um sechs Punkte auf 355 Prozent und die Gewerbesteuer um elf Punkte auf 370 Prozent. „Eine Anhebung der Gewerbesteuer senkt zugleich die Attraktivität für Gewerbeansiedlungen. Da spielt es für so manchen Investor auch keine Rolle, dass wir hier mit Arztpraxis, Einkaufsmarkt, Gaststätte, Kindergarten und Schule eine gute Infrastruktur besitzen“, beklagt Roland Schulz. „Zudem darf man unser Schloss nicht vergessen, dass Helmuth von Maltzahn aufwendig saniert und das demnächst ein neues Dach erhält.“
Große Investitionen in altes Schloss und neue PV–Anlage
Dieser hatte 2020 das Schloss als Ruine gekauft und sich gleich mit der Sanierung des Prachtbaus beschäftigt. Hier soll nach der Grundsanierung ein Forum für Nachhaltigkeit in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwissenschaft, Umweltschutz und Energie entstehen. Neben einer kulturellen Nutzung könnte das Anwesen somit auch für Ausbildung und Fortbildung genutzt werden. Zusätzlich sollen hier Kongresse und Messen sowie Tagungen und Forumsveranstaltungen stattfinden. Das hört sich nach allem anderen als Stillstand an. Zudem plant die Firma Vattenfall eine Agri–PV–Anlage — auf Flächen südlich von Tützpatz soll ein Photovoltaikpark entstehen, dessen Module auf hohen Untergestellen aufgebaut werden, damit unter ihnen Landwirtschaft betrieben werden kann. Das Vorhaben stößt nicht nur beim Bürgermeister auf Zustimmung.

Aus 434 Seiten bestand die Beschlussvorlage für die Gemeindevertreter, darin enthalten auch ein weiteres Bauprojekt. Das betrifft Flächen im Birkenweg, die zu Bauland umgewandelt werden, und wo Erschließungskosten für eine Straße sowohl auf Kommune und Anwohner zu kommen. Dabei muss noch geklärt werden, in welcher Höhe sich die jetzigen und zukünftigen Anwohner an den Kosten beteiligen müssen. „Laut gesetzlichen Vorschriften müssen sich die Anwohner mit 90 Prozent an den Erschließungskosten wie Straßenbau und dem Aufbau Laternen beteiligen“, erklärt Roland Schulz. „Eine Befreiung von Kosten für den Straßenbau zählt nur für bereits vorhandene aber nicht für neue Straßen.“
Rettungswache künftig rund um die Uhr besetzt
Wo früher Bäume, Büsche und Sandhügel standen, ist inzwischen alles planiert worden. Insgesamt sollen hier am Birkenweg 14 Eigenheime entstehen. Ein bestehender Bebauungsplan musste geändert werden, weil Straßen fälschlicherweise über Privatland liefen und nicht wie angenommen der Gemeinde gehörten. Vielleicht ergaben sich dann ganz andere Schwierigkeiten. „Das Genehmigungsverfahren hat zwei Jahre benötigt. Das ist eindeutig viel zu lange. Das gab nicht nur für uns Gemeindevertreter unnötigen Ärger, vor allem leiden die Bauinteressenten unter solch einer Verzögerung“, kritisiert Roland Schulz. „Die Baupreise explodierten nahezu in der letzten Zeit. Deshalb sprangen einige von ihrem Bauvorhaben ab, hier in Tützpatz ein Haus zu bauen. Zum Glück sind die Bauplätze begehrt, was für unsere gute Infrastruktur spricht.“

Und diese wird noch einmal gesteigert. Bislang gab es eine Rettungsstelle, die war allerdings nicht nur nach 18 Uhr geschlossen, sondern auch an Wochenenden und Feiertagen. Das wird sich grundsätzlich ändern. Der Landkreis hat nun die Räume rechts neben der Dörpstuv von der Gemeinde gemietet, damit hier eine Rettungswache entsteht, die rund um die Uhr besetzt ist. „Der Rettungswagen steht eh schon im Feuerwehrhaus, das gleich nebenan ist. So werden die Rettungssanitäter mit den Kameraden der Feuerwehr Hand in Hand arbeiten“, freut sich Roland Schulz.