Energiekosten

Vermieter heizt im Sommer – die Mieter sollen zahlen

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Überall soll Energie gespart werden. Eine Heizung, die auch im Sommer aufgedreht ist, sorgt bei Neubrandenburger Mietern für Unverständnis.
Veröffentlicht:22.06.2022, 09:43
Aktualisiert:

Von:
  • Author ImageTim Prahle
Artikel teilen:

Seit 1989 lebt Ingeburg Schmidt bereits im „Langen Heinrich“ an der Neustrelitzer Straße. Doch eine solche „Verschwendung“ habe sie noch nie erlebt. „Während alle Welt darüber spricht, dass wir Energie sparen sollen, läuft bei uns im Treppenhaus Tag und Nacht die Heizung“, klagt die Mieterin, hinter der sich nach eigenen Angaben mindestens fünf weitere Anwohner des Mehrfamilienhauses versammelt haben.

Lesen Sie auch: Monatliche Heizkosten-Abrechnung – Mieter befürchtet Bürokratie-Irrsinn

Mieter sollen für Verschwendung zahlen

Das Corpus Delicti befindet sich gleich hinter der Eingangstür: Ein kleiner Heizkörper, zumeist auf der Stufe 2 eingestellt. Selbst jetzt noch, während die Temperaturen draußen längst sommerlich warm sind. Die Mieter selbst können das nicht ändern. Eine sogenannte Behördenkappe verwehrt den Zugriff. „Wir dürfen die Energieverschwendung dann bezahlen“, meint Ingeburg Schmidt, die seit Wochen einen regen, aber erfolglosen Schriftverkehr mit der Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft (Neuwoges) führt. Der Vermieter bleibt bislang hart. „Die sagen immer, dass das Heizen Schimmelbildung verhindere. Aber hier war 30 Jahre kein Heizkörper im Treppenhaus und es gab nie Probleme“, sagt die Neubrandenburgerin.

Lesen Sie auch: So viel sollen Mieter künftig für ihren CO₂-Ausstoß zahlen

Tatsächlich zeigen sich beim Langen Heinrich Unterschiede. Während die Neuwoges für die Nummern 88 bis 112 zuständig ist, verwaltet die Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft (Neuwoba) einige Aufgänge für eine Eigentümergemeinschaft. Hier gibt es im Treppenhaus keine Heizungen.

Irre Logik des Vermieters: Durch das Heizen Energie sparen

Die Neuwoges führt hingegen auf Nordkurier-Anfrage das eigene energetische Konzept für das Gebäude an. Die Treppenhäuser müssten demnach eine „Grundbeheizung“ erfahren, damit die Wohnungen nicht auskühlen. 15 Grad Celsius sollen garantiert werden. Und ja, die Behördenkappe solle sichern, dass dieses Konzept auch eingehalten und nicht möglicherweise durch die frierenden oder schwitzenden Mieter torpediert werde, wie aus der Neuwoges-Antwort zumindest indirekt hervorgeht.

Den Bewohnern die Möglichkeit zu nehmen, selbst Hand anzulegen, beuge Schimmelrisiken vor. Und auch Energieverschwendung, denn „andererseits können die Heizkörper damit auch nicht weiter aufgedreht werden“, teilt das Unternehmen mit. Ein Abstellen der Heizkörper, besonders im Winter, sei aus energetischen Gründen nicht gewünscht. Und im Sommer? Solche Betriebszeiten gebe es eigentlich gar nicht, führt das städtische Unternehmen aus.

Tipps und Tricks: So sparen Sie bei den Heizkosten

Automatik an der Heizung funktioniert offenbar nicht

Die Anlage regele sich automatisch und abhängig von der Außentemperatur. Heißt: „Die Anlage schaltet bei einer über 32 Stunden gemittelten Außentemperatur von 16 Grad Celsius (+/- ein Grad Celsius) in den Sommerbetrieb beziehungsweise wieder in den Winterbetrieb“, erläutert ein Neuwoges-Sprecher. Bereits seit einem Monat sei die Heizung im Sommerbetrieb, heize also weniger. Ingeburg Schmidt und die anderen Mieter können das nicht bestätigen, unverändert sei der Heizkörper im Treppenhaus auf „2“ eingestellt und heize auch.

„Ich verstehe auch nicht, warum nur bei unserem Aufgang wir als Mieter nicht selbst die Temperatur regeln können“, betont sie. Diesbezüglich will die Neuwoges nun tatsächlich aktiv werden, allerdings anders, als von den Mietern gefordert. Eine Überprüfung habe ergeben, dass in den benachbarten Häusern tatsächlich keine Behördenkappen auf den Heizkörpern sind. Diese würden demnächst nachgerüstet“, heißt es von der Wohnungsgesellschaft.

Ingeburg Schmidt will sich damit nicht zufriedengeben. „Ich werde weiter kämpfen, damit dieser Unsinn aufhört.“ So wolle sie sich nun an das Umweltamt wenden. Irgendjemand, so die Neubrandenburgerin, müsse doch der Neuwoges endlich klarmachen, dass besonders aktuell mit Bedacht geheizt werden sollte.