StartseiteRegionalNeubrandenburgVon Tierquälerei-Vorwürfen bleibt vor Gericht nicht viel übrig

Prozess

Von Tierquälerei-Vorwürfen bleibt vor Gericht nicht viel übrig

Friedland/Waren / Lesedauer: 3 min

Eine Mieterin meinte, ein früherer Wohnungsnachbar habe seine Hunde misshandelt. Doch der kann alles erklären und die Zeugin sich nicht gut erinnern. 
Veröffentlicht:16.11.2023, 06:30

Von:
  • Winfried Wagner
Artikel teilen:

Eine Familie mit drei Rottweiler-Hunden in einer 60-Quadratmeter-Plattenbauwohnung – da müssen Nachbarn manchmal ein gutes Nervenkostüm haben. Denn Hunde bellen, manchmal streiten sie ums Futter und wenn Herrchen dann eingreift, gibt es großes Gejaule. In so einem Fall aus Schwanbeck bei Friedland musste sich jetzt ein 31-jähriger Hundehalter vor dem Amtsgericht in Waren/Müritz verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor, doch das Verfahren endete letztlich mit einem Freispruch.

Offenbar Animositäten zwischen Nachbarn

Der aus Anklam stammende Mann soll im Mai 2022 einen seiner Hunde – ein junges Männchen – derart auf dem Balkon und in der Wohnung in Schwanbeck geschlagen und gequält haben, dass das Tier laut heulte oder jaulte oder schrie ‐ so variierten jedenfalls die Angaben der Nachbarn. Der Angeklagte ist sich aber gar keiner Schuld bewusst. Die Hunde seien seine wichtigste Beschäftigung gewesen, sagte der lange arbeitslose Mann. Die Nachbarn seien eher die Bösen, vermutete er, denn die Alt-Bewohner hätten ihn eigentlich gar nicht dort in dem Altneubau aufnehmen wollen.

Jenseits solcher Animositäten fragte Richterin Alexandra Sprigode-Schwencke dann genauer nach, was den nun wirklich im Mai 2022 passiert war. „Ich habe meine drei Hunde gefüttert“, sagte der Angeklagte. Für die Tiere sorge er sehr gern. Dabei habe der Rüde „gestänkert“ und Weibchen und Jungtier weggedrängt, was auch für Ärger und Lärm sorgte. Deshalb habe er den Rüden auf den Balkon gebracht.

Einen bestimmten Griff angewendet

Von einer hundeerfahrenen Bekannten habe er gelernt, dass es einen bestimmten Griff gibt, wie man Hundemännchen zeigt, „wer der Herr im Haus ist.“ Diesen Griff habe er am Tier auch angewandt. „Da hat das Tier geschrien“, sagte die einzige Zeugin ‐ eine 49 Jahre alte damalige Nachbarin des Mannes vor Gericht. Doch nun, vor der Richterin, ist sich die Frau nun gar nicht mehr so sicher, wie das damals war. Hatte sie der Polizei noch von Schlägen mit der Faust, einem Knüppel und Tritten mit Füßen berichtet, hörte sich das vor Gericht anders an.

Ja, es sei damals oft lauter gewesen, wegen der Hunde. Keiner habe Verständnis gehabt, dass der Mann seinen Balkon auch noch mit Maschendraht höher absichere. Das war wohl so, weil die Gefahr bestand, dass die Hunde aus der Wohnung in der 1. Etage heraussprangen und andere Tiere bissen. Durch die „Balkonwände“ ‐ also den Sichtschutz ‐ konnte man aber gar nicht so genau sehen, was da passierte, räumte die Zeugin ein. Selbst ein Handyvideo brachte wenig Erhellendes

Praktikum bei der Tierrettung geplant

So hatte die Staatsanwältin schlechte Karten. Ihre einzige Zeugin kann sich nicht genau erinnern und Veterinäre haben bei den Hunden keine Verletzungen oder Misshandlungen sowie Vernachlässigungen festgestellt. Damit ist der Strafbefehl über 750 Euro, die der arbeitslose Mann wegen des angeblichen Tierschutzverstoßes zahlen sollte, hinfällig.

Letztlich bleibt der Richterin nur, den Mann weiter zu tierschutzgerechtem Handeln aufzufordern und ihn ansonsten freizusprechen. Er habe sich sowieso schon zu einem Praktikum bei der Tierrettung angemeldet, sagt der Hobby-Hundehalter. Und in Schwanbeck wohne er jetzt auch nicht mehr.