Wird bei Altentreptow bald Wasserstoff mit französischer Hilfe produziert?
Altentreptow / Lesedauer: 4 min

Tobias Holtz
Mit dem neuen „Grünen Gewerbegebiet‟ möchten Altentreptow und die umliegenden Gemeinden nicht nur die Tollense-Region als Wirtschaftsstandort stärken, sondern auch endlich finanziell von der fortschreitenden Energiewende vor der eigenen Haustür profitieren. Bislang hatte sich die Stadt zwar in Schweigen gehüllt, welche Unternehmen das favorisierte Areal an der L 273 zwischen Grapzow und Werder in den nächsten Jahren mit Leben füllen könnten. Dort bieten die vorgesehenen 75 Hektar ausreichend Platz für Neuansiedlungen.
Französischer Energiekonzern mischt mit
Nun steht fest, dass in Zukunft auf einem kleinen Teil dieser Fläche eine Elektrolyseanlage gebaut werden soll, die mit dem Strom aus regenerativen Energieträgern grünen Wasserstoff produziert. „Wir brauchen dafür ein Flurstück, das zwischen vier und sechs Hektar groß ist und direkt an der Straße liegt‟, erklärte der Geschäftsführer der ESE Investment AG, Olaf Knappe, beim jüngsten Hauptausschuss. Die Gesellschaft mit Sitz in Stralsund projektiert, entwickelt und realisiert mit Hilfe regionaler und überregionaler Partner wie Bosch oder General Electric seit 20 Jahren weltweit Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien.
Für das geplante Vorhaben unweit der Tollensestadt konnte ESE Investment den französischen Energiekonzern EDF (Électricité de France) gewinnen, den weltweit zweitgrößten Stromerzeuger der Welt. So soll die Abwärme, die beim Umwandlungsverfahren anfällt, über einen Zwischenspeicher aufgefangen und für den Ausbau des bestehenden Fernwärmenetzes der städtischen Wärmeversorgung & Dienstleistungsgesellschaft WDG genutzt werden.
Reichen die bestehenden Windanlagen aus?
„Nach unserem Berechnungen könnten wir damit nicht nur die Haushalte in der ganzen Stadt versorgen, sondern auch weitere Industriebetriebe‟, betonte der EDF-Leiter für Strategieentwicklung Stefan Markwart. Auch in Sachen Wasserstoff-Mobilität würde die Firma gerne neue Maßstäbe setzen und vor Ort eine neue Wasserstofftankstelle errichten.
Die Investitionssumme für den Standort liegt zwischen 400 und 500 Millionen Euro. „Die finanziellen Vorteile liegen nicht nur in den zusätzlichen Steuereinnahmen‟, sagte ESE-Chef Olaf Knappe. „Wir sind auch bereit, die Stadt über einen monatlichen Festbetrag zu beteiligen, wobei dessen Höhe noch verhandelt werden muss. Das unternehmerische Risiko liegt dann auf unserer Seite‟, versicherte Knappe.
Mirko Renger, Altentreptower WählergemeinschaftNicht, dass am Ende noch weitere 100 Windräder dazu kommen, das wäre fatal.
Aber reichen die bestehenden Solar- und Windenergieanlagen in der Region überhaupt aus, um die Elektrolyseanlage wie geplant langfristig mit grünem Strom zu versorgen? „Nicht, dass am Ende noch weitere 100 Windräder dazu kommen, das wäre fatal‟, merkte der Fraktionsvorsitzende der Altentreptower Wählergemeinschaft, Mirko Renger kritisch an.
Wie der ESE-Geschäftsführer Olaf Knappe entgegnete, gebe es für das Problem mehrere Lösungsmöglichkeiten, die gemeinsam mit der Stadt abgestimmt werden sollen. „Es wird garantiert kein separater Windpark dafür errichtet‟, stellte Knappe klar. Stattdessen könnten die bereits vorhandenen Gebiete bei Bedarf um einzelne Anlagen ergänzt werden, an Standorten, wo sich niemand von den Anwohnern gestört fühlt. „Oder direkt auf die andere Seite vom Windrad, weg von der Stadt, das fällt nicht auf‟, schlug der Geschäftsmann vor.
Verwaltung und Stadtpolitik würden allerdings eine andere Variante bevorzugen, die Knappe ebenfalls ins Spiel brachte: Repowering. Heißt konkret, die alten Türme nach dem Ende ihrer vorgeschriebenen Laufzeit durch neue, leistungsfähigere Anlagen zu ersetzen, wodurch gleichzeitig die Stromerzeugung steigt. „Es hängt natürlich auch immer vom Kaufpreis ab, den die Betreiber aufrufen. Aber grundsätzlich steht einer Übernahme der Anlagen nichts im Wege‟, so Knappe.
Zusammenarbeit ist mündlich besiegelt
Altentreptows Bürgermeisterin Claudia Ellgoth (parteilos) wies an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass zuerst die Energie gebunden werden sollte, die man bereits aus den jetzigen Anlagen ziehen kann, bevor etwas Neues entsteht. „Ich denke wir sind uns darin einig, die Windeignungsgebiete nicht noch mehr zu verdichten. Das ist auch im Sinne der Bürger‟, sagte die Rathauschefin.
Letztendlich konnten die Unternehmer Knappe und Markwart den Treptower Hauptausschuss mit ihrer Argumentation überzeugen. Die künftige Zusammenarbeit ist damit zumindest schon mal mündlich besiegelt. Sobald die Kaufverhandlungen mit den Eigentümern der auserkorenen Flurstücke seitens der Stadt endgültig abgeschlossen sind, soll auch der Notarvertrag aufgesetzt werden. „Die Finanzierung steht, wir sind bereit‟, meinte Knappe. Wenn alles klappt wie erhofft, könnte die konzeptionelle Planungsphase bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Eine große Hürde für die Erzeugung von Wasserstoff in Altentreptow wäre dann genommen.