Attacke
Wolf tötet Schafe neben einer Kita bei Neubrandenburg
Rühlow/Cölpin / Lesedauer: 4 min

Susanne Böhm
Die Lämmer waren niedlich wie Plüschteddys. Jetzt sind sie tot, gerissen von einem Wolf. Bei der Landschäferei Mackedanz in Pragsdorf sitzt der Schock tief. Zehn Lämmchen und zwei Muttertiere, eins davon tragend, wurden auf ihrer Weide zwischen Rühlow und Warlin getötet. Der traurige Rest der kleinen Herde ist bis heute traumatisiert. „Seitdem fragt mein Sohn immer, ob der böse Wolf wieder kommt“, sagt Mathias Mackedanz.

Es geschah eine Woche nach Ostern in der Nacht zum 17. April. Am Vorabend war die Herde noch glücklich, am nächsten Mittag fand der Schäfer tote und sterbende Schafe vor. „Vier Lämmer waren auf der Stelle tot, ein Mutterschaf ertrunken. Die anderen mussten mit einem Bolzenschussgerät erlöst werden.“

Tiefe Risswunden, nicht zu Ende gebrachte Kehlbisse, gehäutete Körperteile, überall Blut – der 33-Jährige, der als angestellter Schäfer arbeitet und sich 2022 zusätzlich mit ein paar eigenen Schafen selbstständig gemacht hat, wird das Erlebte nie vergessen. „Ich gehe immer mit dem Gedanken zur Weide, hoffentlich ist es nicht wieder passiert“.
Angst um die Schafe
Einige der Lämmer seien mit der Flasche aufgezogen worden. Entsprechend stark hätten er und seine Familie ihnen gehangen und sich täglich gefreut, dass sie kräftig und gesund sind. Zu Schlachtung seien die relativ seltenen Walliser Landschafe nicht vorgesehen gewesen, sondern zur Zucht.

Abgesehen davon, dass ihm die Tiere enorm leid tun, belaste ihn nun auch der finanzielle Schaden. „Für unser kleines Familienunternehmen ist das existenzbedrohend.“ Bevor der Wolf kam, habe er 18 Mutterschafe und ihre Lämmer besessen. Jedes Lamm sei 250 bis 300 Euro wert. Es gebe zwar eine Entschädigung vom Staat, aber das sei gerade einmal der Fleischpreis. Hinzu komme die ständig nagende Sorge, dass sich das Unglück wiederholt: „Ich habe Angst um die Schafe.“
Schutzhunde kommen nicht in Frage
Mit höheren Zäunen werde er es wohl versuchen, habe jedoch erhebliche Zweifel an deren Wirksamkeit. Die momentan als wolfssicher geltende Variante in Höhe von 1,20 Metern reiche wohl kaum aus. „So hohe Zäune, dass ein Wolf nicht drüber kommt, kann man nicht bauen. Im Tierpark sind die Zäune der Wolfsgehege nicht umsonst so, wie sie sind. Man kann doch nicht ganze Weidegebiete so hoch einzäunen. Wo bleibt denn da der Naturschutz?“

Schutzhunde kämen für ihn nicht in Frage. „Die sind teuer und nicht überall einsetzbar.“ Seine Schafe pflegen das Rühlower Os, ein Naturschutz- und Naherholungsgebiet zehn Kilometer östlich von Neubrandenburg. Die Dörfer Rühlow und Warlin sind rund zwei Kilometer entfernt. „Dort sind viele Spaziergänger unterwegs. Zu Ostern waren 30 Leute auf der Weide, haben Picknick bei den Schafen gemacht. Dort kann man keine scharfen Herdenschutzhunde laufen lassen.“

Im Auftrag der Stiftung Umwelt und Naturschutz wolle er mit seinen Schafen Landschaftspflege betreiben und die maschinelle Bearbeitung der Flächen ersetzen. Nach dem Drama frage er sich allerdings, ob das Vorhaben überhaupt eine Chance hat. Was, wenn der Wolf immer wieder kommt? Er wisse keine richtige Lösung. Auch von Abschussgenehmigungen halte er nicht viel. „Wer weiß, ob man da immer wirklich genau den Wolf erwischt, der das war.“
DNA-Probe: Es war ein Wolf
Zweifel, dass hier ein Wolf gejagt hat, bestünden hingegen nicht mehr. „Erst dachten wir, es war ein Hund, weil seine Zahnstellung enger war als bei Wölfen.“ Doch eine DNA-Probe brachte Aufklärung. „Bei einer Genprobe wurde ein Wolf nachgewiesen“, bestätigte Claus Tantzen aus dem Landwirtschafts- und Umweltministerium – und zwar ein einziger Wolf.
Auffällig: Nur zwei Nächte zuvor hatte ebenfalls ein Wolf ein Schaf im vier Kilometer Luftlinie entfernten Cölpin erlegt – auf einer Weide ganz in der Nähe einer Kita. Auch das bestätigte der Ministeriumssprecher auf Nachfrage.