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Mobbing-Vorwürfe

Zoff zwischen Stadtvertretung und OB flammt wieder auf

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Hält OB Witt ein Rechtsgutachten zur Eklat-Rede in der Stadtvertretung zurück, weil ihm das Ergebnis missfällt? Mit diesem Verdacht sorgt die Linksfraktion für neuen Zündstoff.
Veröffentlicht:16.12.2022, 19:09

Von:
  • Mirko Hertrich
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In der Neubrandenburger Stadtvertretung ist der Konflikt über die Aufarbeitung der bis dato unbelegten Mobbing-Vorwürfe in Richtung Rathausspitze wieder aufgebrochen. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Caterina Muth, warf Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) am Donnerstag in einem Fragenkatalog indirekt vor, die Ergebnisse eines Rechtsgutachtens sowie der staatsanwaltschaftlichen Prüfung zurückzuhalten und forderte deren Veröffentlichung. Witt wies die Kritik mit deutlichen Worten zurück.

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Stein des Anstoßes ist weiterhin eine Rede der damaligen stellvertretenden Stadtpräsidentin Renate Klopsch (Linksfraktion). In der hatte Klopsch am 28.  April bei der Begründung eines Antrags des in der Folge zurückgetretenen Stadtpräsidenten Dieter Stegemann (CDU) angeführt, dass sich langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung zunehmend „Anfeindungen der verschiedensten Art” ausgesetzt fühlten. Konkrete Belege oder Namen – Fehlanzeige. Als Quelle für die Vorwürfe berief sich die Ratsfrau auf eine Zuarbeit, deren Verfasser sie aber bis heute nicht öffentlich machen will. Nach einer Anzeige von Witt sah die Staatsanwaltschaft von der Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen ab – mit der Begründung, dass es sich bei den fraglichen Äußerungen „um solche im Rahmen öffentlicher und politischer Meinungsbildung handelt“.

Erstaunt und erschüttert nach Akteneinsicht

Caterina Muth, die nach eigenen Worten Akteneinsicht nahm, zeigte sich „erstaunt und erschüttert“ über die Dinge, die sie dort erfahren habe. Sie fragte den Oberbürgermeister, warum er ein für mehrere Tausend Euro bei einer renommierten Kanzlei in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten den Stadtvertretern nicht zur Kenntnis gebe?

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Auch habe der OB das externe Gutachten durch die Rechtsabteilung der Stadt nochmals begutachten lassen. Sie frage sich, ob Oberbürgermeister und Rechtsabteilung über den Gutachterergebnissen oder der Entscheidung der Staatsanwaltschaft stünden. Die Vize-Fraktionsvorsitzende fragte sich weiter, ob kritische Meinungsäußerungen in Bezug auf Silvio Witt als Oberbürgermeister „unzulässig“ sind und warum er weiter an seiner Forderung festhalte, dass sich die Stadtvertretung von der Rede distanziert.

Schmaler Grat zwischen Meinungsfreiheit und falscher Tatsachenbehauptung

Obwohl Caterina Muth um eine schriftliche Beantwortung bat, ließ sich Silvio Witt eine direkte Erwiderung nicht nehmen. Für ihn sei es der „große Tabubruch“, dass etwas behauptet werden könne, ohne dass sich im Nachhinein der oder diejenige zu erkennen gebe, der es geschrieben hat. Auch seien weder Opfer noch Täter präzise genannt worden. Daher sei es seine Fürsorgepflicht als Arbeitgeber gewesen, sich vor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stellen. Die Verwaltung habe daraufhin ein Gutachten beauftragt bei einer Kanzlei, die noch nichts mit der Stadt zu tun gehabt habe. Deren Ergebnis habe er dann durch das Rechtsamt prüfen lassen und an die Staatsanwaltschaft mit der Bitte um weitere Prüfung geben.

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Grundsätzlich betonte der Oberbürgermeister, er trage es nicht mit, dass „dieser schmale Grat zwischen Meinungsfreiheit und falscher Tatsachenbehauptung häufig in Richtung Meinungsfreiheit geht“. Der Rathauschef zitierte eine üble Beleidigung, die ihn erreicht habe, und sagte: „Es darf nicht einreißen, dass das unsere Diskussionskultur ist.“

Mehrheit für „Respekt im Rat” mit der Körber-Stiftung

Er habe zudem den „Aktendeckel zugeschlagen“ und Brücken gebaut, sagte Witt in Richtung der Ratsleute. Die Möglichkeit einer offenen Diskussion über eine Beschlussvorlage der Stadtvertretung sei „offensichtlich nicht erwünscht“. Immerhin der zweite von Witt vorgeschlagene Weg über das Projekt „Respekt im Rat“ der Körber-Stiftung fand am Donnerstag trotz ablehnender Stimmen bei namentlichem Votum eine mehrheitliche Zustimmung in der Stadtvertretung. Damit wird Neubrandenburg Pilotkommune für eine gute Diskussionskultur in der Kommunalpolitik.