Fußball-Geschichte
Als die TSG Neustrelitz den großen FC Hansa an die Wand spielte
Neustrelitz / Lesedauer: 4 min

Matthias Schütt
„Oh, wie ist das schön“, schallte es auf dem Rasen des Neustrelitzer Parkstadions, ehe in den Katakomben bis spät in den Abend gesungen wurde: „So sehen Pokalsieger aus“ war nur einer der Songs damals. Wenige Stunden zuvor hatte sich der damalige Fußball-Regionalligist TSG Neustrelitz vor 4500 Zuschauern im ausverkauften Parkstadion mit 3:0 gegen den favorisierten FC Hansa Rostock durchgesetzt, der seinerzeit in der 3. Liga spielte.
Ratislav Hodul, Ex-TSG-TrainerWir haben ein sensationelles Spiel abgeliefert.
„Dieser Titel wird für mich immer etwas Besonderes bleiben“, sagt Rastislav Hodul, der vor zehn Jahren die Mannschaft trainierte und sich dann mit dem überraschenden Cuperfolg in Richtung Zweitligist Erzgebirge Aue als Co-Trainer verabschiedete. „Wir haben ein sensationelles Spiel abgeliefert. Ich gucke mir heute noch gern Fotos davon an.“

Es war der 29. Mai 2013, der in der Vereinshistorie unvergessen bleibt und einen besonderen Platz bekommen hat. „Das Highlight meiner Amtszeit war der Landespokalsieg 2013“, sagt auch der ehemalige TSG–Präsident Hauke Runge. Zurecht! Es war nach 2007 und 2008 der zwischenzeitlich dritte MV-Pokal für den Klub aus der Mecklenburgischen Seenplatte. Im Vorjahr kam Nummer vier dazu.
Match war damals eher einseitig
Doch für viele Beteiligten aus dem Team bleibt dieses K.o.-Match gegen den FC Hansa aus dem Mai 2013 unvergessen. „Das ist eines meiner Top-Drei-Spiele“, so der gebürtige Neubrandenburger Tony Fuchs, der damals im linken Mittelfeld für die TSG auflief. „Schon beim Aufwärmen war das Stadion voll und es herrschte eine große Anspannung.“
Für Fuchs, der 2014 zu Hertha BSC II wechselte, war es der einzige Erfolg im Landespokal. Denn die Berliner Bundesliga-Reserve darf als zweite Mannschaft nicht am Cupwettbewerb in der Bundeshauptstadt teilnehmen. „Umso mehr bleibt mir der Titel mit der TSG in Erinnerung“, sagt „Fugger“.
Die Neustrelitzer gewannen seinerzeit in einem einseitigen Match durch Tore von Gramoz Kurtaj (10. Spielminute), Kevin Kahlert (50.) und Salvatore Rogoli (77.) gegen „verunsicherte Rostocker“, so Fuchs, mit 3:0. TSG-Schlussmann Daniel Bittner hatte gegen die einfallslosen Hansestädter kaum etwas zu tun, und nach Abpfiff war die große Überraschung perfekt.
Platzsturm von Hansa-Fans
Im Anschluss starteten die blau-weißen Feierlichkeiten, als TSG-Kapitän Rico Morack den Landespokal als erster Neustrelitzer Fußballer in den Händen hielt und den Massen entgegen streckte. „Ich bin glücklich, dass wir diesen Titel geholt haben. Auch über die Art und Weise auf dem Rasen“, sagt Hodul, der mittlerweile als Scout für Bundesligist Bayer 04 Leverkusen tätig ist: „Wir wollten unbedingt gewinnen.“
Doch neben all dem Sportlichen stand auch eine minutenlange Unterbrechung in der zweiten Halbzeit zu Buche, als Fans des FC Hansa den Platz stürmten, die eigenen Spieler beleidigten und erst mit Hilfe des Sicherheitspersonals und der Polizei zurück in den Block kehrten. Schon vorher war es zu Auseinandersetzungen zwischen den Fanlagern beider Teams gekommen. „An den Platzsturm denkt man auch als Spieler zurück“, sagt Ex-TSG-Abwehrspieler Thomas Franke.
Franke ist zehn Jahre später selbst Trainer der Residenzstädter ist: „Ich war damals vor dem Spiel noch angeschlagen und es war nicht sicher, ob ich spiele. Der Titel war dann mit das Geilste, was mir in meiner Karriere passiert ist. Das 3:0 war überragend.“ Seitdem spielte die TSG nur noch einmal in einem Pflichtspiel gegen den aktuellen Zweitligisten von der Ostsee. Beide Teams standen sich im MV-Cupfinale 2015 in Greifswald gegenüber. Doch da setzte sich der FCH knapp mit 1:0 durch.
Für Ex-TSG-Coach Hodul bleibt jedoch nicht nur der Titel von vor zehn Jahren im Gedächtnis, sondern „auch die vielen Karrieren, die von einzelnen Spielen gestartet wurden“. So findet sich beispielsweise aktuell Kingsley Schindler im Aufgebot von Bundesligist 1. FC Köln wieder. Schon vor zehn Jahren wurde dem Mittelfeldspieler, der nur eine Saison im TSG-Trikot auflief, eine große Karriere vorhergesagt. Auch er dürfte sich sicherlich das eine oder andere mal an den MV-Titel vor zehn Jahren erinnern – viele Anhänger der TSG tun es noch heute, zehn Jahre nach dem sensationellen 3:0 …