Heimweh
Auch in Wien war für ihn Woldegk immer die Nummer eins
Woldegk / Lesedauer: 4 min

Simon Voigt
Ronny Behrendt gehört zu den Menschen, die auch nach 20 Jahren nie vergessen haben, woher sie kommen. Das zeigte er allein schon mit seinem Auto. Es ist noch gar nicht lange her, da fuhr er mit dem Kennzeichen W-OLDEK 1 durch seine Wahlheimat Wien. Nur das „G” hatte leider nicht gepasst, doch Kenner erkannten die Verbindung nach Mecklenburg sofort: An einer großen Windmühle, die daneben klebte, das Wahrzeichen der Stadt Woldegk. Für ihn bleibt die Stadt bis heute die Nummer 1.
Der gebürtige Woldegker Behrendt ist vor rund 20 Jahren nach Österreich gegangen und hatte dort ein Unternehmen gegründet, das auf dem Gebiet der Folientechnik erfolgreich ist. Im Wesentlichen geht es dabei um das professionelle Bekleben von Fassaden, Scheiben, Zügen oder Autos mit Folien aller Art.
Zu diesem Job fand der Woldegker erst über Umwege. In den 1990er Jahren absolvierte er zunächst in Strasburg eine Lehre zum Restaurator. Als die Ausbildungswerkstatt kurz nach dem Ende seiner Ausbildung schließen musste, orientierte sich Behrendt um und fing zunächst als Quereinsteiger in einer Woldegker Werbefirma an. Von dort ging es dann weiter in andere Firmen, bis er sich 1998 selbstständig machte – damals allerdings noch in Berlin. So hatte er etwa eine Zeit lang die S-Bahnen in der Hauptstadt beklebt, bis er einen Großauftrag aus Wien an Land zog.
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Vereinte Nationen verließen sich auf Spezialisten aus Woldegk
Nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurden auch beim Sitz der Vereinten Nationen in Wien die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Die Internationale Organisation betreibt mit der UNO-City einen großen Bürokomplex mit rund 5000 Mitarbeitern in der österreichischen Metropole und hatte mit dem Experten aus Woldegk jemanden gefunden, der alle Fenster mit einer neuen Sicherheitsfolierung ausstatten konnte. Der Auftrag war auf neun Monate angelegt, doch wie das so ist, ergaben sich daraus weitere Aufträge und Behrendt blieb erst einmal in Österreich. Er baute seine Firma auf und beklebte in den folgenden Jahren Banken, Versicherer und Flughäfen in und um Wien.
Wien sei die liebenswürdigste Stadt, die er kenne, sagt der gebürtige Windmühlenstädter. Auch Freunde, die er zu Besuch hatte, hätten ihm das sofort bestätigt. Alle wollten wiederkommen. Noch wichtiger war es ihm aber, den Kontakt in die alte Heimat nicht zu verlieren. Zeitweise war er sogar jeden Monat zurück nach Mecklenburg geflogen, um Freunde und Familie zu besuchen. Auch wenn das natürlich ganz schön teuer war: „Man muss sich die Zeit einfach nehmen”, sagt er. So nahm er auch weiterhin an all den großen und kleinen Feiern teil und wusste immer ziemlich genau, was in der alten Heimat so los war. Klar war für ihn auch, dass er irgendwann wieder zurückkehren will, nur noch nicht wann. Die Geschäfte liefen schließlich gut, in Österreich.
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Durch eine neue Liebe ging alles ganz schnell
Durch eine neue Liebe ging dann aber doch alles deutlich schneller, als er sich das gedacht hatte. Er lernte sie bei einem seiner Heimatbesuche kennen: „Wir sind nebeneinander aufgewachsen und hatten uns trotzdem nicht gekannt.” Behrendt ließ alles in Österreich hinter sich, verkaufte sein Haus und verließ seine Firma. Die Übergabe an den Nachfolger dauerte ihre Zeit, doch seit dem Jahreswechsel ist er wieder zurück in Woldegk.
Derzeit gründet er mit seiner neuen Partnerin ein Unternehmen, sie wollen in Immobilien investieren. Häuser in der Region kaufen, sanieren, vermieten und wieder verkaufen, das ist der Plan. Die Nachfrage nach Immobilien ist da, das hatte er auch bei seinen vielen Heimatbesuchen gelernt.
Es sei eine „interessante Zeit” gewesen, in Österreich, er habe gerne dort gelebt, sagt Behrendt. Auch die Natur und die Alpen seien schön, doch es sei einfach nicht vergleichbar gewesen mit Mecklenburg, Woldegk und dem Mühlenberg, den er schon sein ganzes Leben kannte. Dort oben hat er auch seinen Lieblingsplatz, unweit seines Elternhauses, wo er aufgewachsen ist.