Krankheit
Depressionen bei Kindern und Jugendlichen nehmen zu
Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Nordkurier
Seelische Krankheiten sind noch immer mit vielen Tabus behaftet. Auf dem Fachtag zur seelischen Gesundheit kamen daher am Donnerstag Menschen zu Wort, die tagtäglich mit Betroffenen, die unter Depressionen oder Angstzuständen leiden, zu tun haben. Wichtig seien die Netzwerkarbeit und der Erfahrungsaustausch, denn die soziale Komponente spiele in der Gesellschaft eine immer größere Rolle, hieß es von Dr. Cornelia Ruhnau, Amtsleiterin des Gesundheitsamtes Neubrandenburg und Suchtkoordinatorin des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte.
Jeder dritte Erwachsene erkrankt psychisch
Gründe hierfür seien die Genetik, Stress, Traumata sowie der Verlust von Freunden und Angehörigen. „Wir gehen durch turbulente und unruhige Zeiten. Krisen wie Corona, der Krieg, die steigenden Heizkosten und die daraus resultierenden Existenzängste haben die psychiatrischen Störungen steigen lassen. Die Psychiater sind jedoch nicht ausreichend“, sagte Ruhnau. Nicht jeder finde einen Psychologen.
Viele Menschen unterschätzen das Thema seelische Gesundheit. „Jeder dritte Erwachsene erkrankt mindestens einmal im Leben psychisch“, brachte es Enrica Rebstock, Psychatrie- und Suchtkoordinatorin des Landkreises MSE auf den Punkt. 200.000 psychisch Erkrankte gebe es allein in Mecklenburg-Vorpommern. Am häufigsten würden dabei Depressionen und Angstzustände diagnostiziert, so Rebstock. Auch die junge Generation ist vor psychischen Erkrankungen nicht gefeit. „Jeder vierte Jugendliche kämpft mit psychischen Problemen. Dies betrifft zwei Schüler pro Schulklasse“, erklärte Rebstock.
Psychische Erkrankungen treten mittlerweile genauso häufig auf wie Blutdruck, Diabetes oder Herz-/Kreislauferkrankungen. „Nur sehen wir es nicht“, fügte Rebstock an. Denn Betroffene trauen sich oft nicht offen über ihre Probleme zu sprechen, da ihnen immer noch viele Vorurteile im beruflichen und privaten Umfeld begegnen. „Wir müssen die Wahrnehmung für psychische Erkrankungen schärfen und Stigmatisierungen abbauen“, sagte die Psychiatrie- und Suchtkoordinatorin. Viele Menschen hätten Angst und seien aufgrund der globalen Krisen unsicher und überfordert. Ein Gefühl des Ohnmächtigseins trete ein. „Reden hilft, um Ängste abzubauen“, sagte Rebstock.

Christina Sturm, erste stellvertretende Bürgermeisterin von Neustrelitz, verweist auf das umfangreiche soziale Beratungs- und Hilfsangebotenetz, das es in Neustrelitz gibt, bestehend aus dem Familienzentrum, der Caritas, der Diakonie, der ISBW und dem Verein Ida und Freunde. Ferner gebe es für Betroffene zahlreiche Angebote im Bereich Tanz, Literatur und Film. „Betroffene werden nicht allein gelassen, auch wenn es vielen schwerfällt, Hilfe anzunehmen oder danach zu suchen“, so Sturm. Die gesellschaftliche Aufklärung und Prävention sei wichtig, um insbesondere auch Kinder und Jugendliche zu unterstützen- und nicht erst im Krisenfall.

Nach den eindringlichen Worten der Fachkräfte wurde gemeinsam das Lied „Chöre“ von Sänger Mark Forster gesungen.