Technik–Geschichte

Ein Fest ganz allein für Eisenbahn–Fans

Neustrelitz / Lesedauer: 6 min

Die Mitglieder des Hafenbahn-Vereins aus Neustrelitz bereiten sich auf das große Fest Mitte September vor. Auf einen besonderen Lok-Typ müssen Besucher aber vorerst verzichten.
Veröffentlicht:16.09.2023, 06:40

Von:
  • Bastian Bönisch
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In den Räumen des Museums am Lokschuppen ist im Moment viel los: Anlagen werden verkabelt, Gegenstände hin- und hergeschoben, Ausstellungsstücke müssen in die richtigen Räume gebracht werden. Der Grund für das Durcheinander: Am kommenden Wochenende (16./17. September) steht das Lokschuppenfest an, bis dahin sollen die Museumsräume fertiggestellt sein. „Wir wünschen uns eine vierstellige Besucherzahl“, erklärt Conny Förster, die mit ihrer Familie bei den Vorbereitungen mithilft.

Vereinsmitglieder können ausgebildet werden

Die Mitglieder des Vereins kommen aus Neustrelitz, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig–Holstein oder Berlin. Im Jahr 2000 wurde der Verein ursprünglich gegründet, um die Hafenbahn vor dem Abbau zu retten und sie als Museumsbahn zu betreiben. Da immer mehr Gegenstände aus alten Zeiten zusammengekommen sind, entschieden sich die Mitglieder dazu, die Sammlung öffentlich zugänglich zu machen. Historische Fahrzeuge und eisenbahntypische Exponate machen heute den größten Teil der Ausstellung aus.

Die richtigen Hebel ziehen: Besucher können sich hier selbst ausprobieren. (Foto: Bastian Bönisch)

Aber auch Sachspenden, Uniformen, Ausrüstung und weitere Sachspenden nimmt der Verein heute noch gerne entgegen, erklärt Vorsitzende Conny Förster. Etwa 30 Mitglieder hat der Verein, der sich sowohl um die Besetzung und Instandhaltung der Züge als auch um Aufräum– oder Streicharbeiten kümmert. Alle anfallenden Arbeiten werden von den Vereinsmitgliedern ausgeführt. Eine weitere Besonderheit: Der Verein ist gleichzeitig ein öffentliches Eisenbahnverkehrsunternehmen, Mitglieder können also auch in den Bereichen Fahrdienst, Zugdienst und Technik ausgebildet werden.

Besucher wollen Dampf — doch das kostet Geld

Der Verein erhält keine Förderung durch staatliche Stellen und finanziert sich unter anderem durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. „Wenn wir uns etwas nicht leisten können, müssen wir halt darauf warten“, erklärt Robert Förster und verweist darauf, dass sie auch viel Unterstützung von Firmen und Organisationen aus der Region bekommen. Einzelprojekt wurden beispielsweise bei der mecklenburgischen Ehrenamtsstiftung, der Sparkasse Mecklenburg–Strelitz und der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt beantragt. Momentan sei der Museumseintritt noch frei, in Zukunft werde sich das jedoch vermutlich ändern.

Die Bahn wartet darauf, aus dem Gebäude fahren zu können. (Foto: Bastian Bönisch)

„Mein persönlicher Favorit ist die Dampfspeicherlok ‚Lotte‘, die 1915 gebaut wurde. Wenn diese mit Dampf aufgeladen ist, kann man knapp zehn Kilometer damit fahren“, beschreibt Robert Förster den Höhepunkt der Ausstellung. Eines Tages mit der Bahn auf den Gleisen zu fahren ist sein großes Ziel: „Ich hoffe mal, dass ich die Lok bis zum nächsten oder übernächsten Lokschuppenfest wieder hinbekomme“, erklärt er optimistisch.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielte die Bahn für Neustrelitz eine wichtige Rolle, in Spitzenzeiten arbeiteten mehrere tausend Leute für die Bahn am Standort Neustrelitz. „Hier ging alles vom Rostocker Seehafen nach Berlin durch, nach der Wende ist die Bedeutung aber sehr zurückgegangen“, erläutert Robert Förster. Dass die Bahn eines Tages wieder so eine große Rolle spielen wird, sei aber unrealistisch. „Die Bahn wird in den nächsten Jahren sicherlich wieder mehr Bedeutung bekommen, aber so stark wie in früheren Zeiten wird es nicht werden“, sind sich beide einig.

Robert Förster in der Kabine des Lokführers. (Foto: Bastian Bönisch)

Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, die Eisenbahn als „Erlebnis“ anzubieten. Insbesondere in Neustrelitz sei die Bindung zu den Bahnen sehr stark. „Hier in Neustrelitz hat jeder mindestens einen in der Familie, der bei der Bahn gearbeitet hat“, erklärt Conny Förster und verweist darauf, dass ein Besuch für viele auch Erinnerungen an die eigene Kindheit und Jugend wecken würde. Einen besonderen Wunsch, den viele der circa 300 jährlichen Besucher des Ringlokschuppens und der 1400 Fahrtgäste der Sonderfahrten haben, kann der Verein momentan jedoch nicht erfüllen: Sonderfahrten mit einer Dampflok. Die Leute wünschen sich Dampf, aber das sei laut Verein eine Kostenfrage. Speziell der zurzeit hohe Kohlepreis sorge dafür, dass die Fahrkartenpreise für die Fahrt mit einer Dampflok sehr stark steigen würden, finanziell sei das Ganze momentan nicht umsetzbar.

Besonders freut sich der Verein auf das Lokschuppenfest, das am Sonnabend von 10 bis 17 und am Sonntag von 10 bis 15 Uhr stattfindet. Nachdem das Fest im letzten Jahr erstmals stattfand und trotz des schlechten Wetters gut besucht war, erhofft sich der Verein für dieses Jahr besseres Wetter und viele Besucher. „Eisenbahnfans reisen eigentlich grundsätzlich dahin, wo was los ist“, erklären beide und verweisen darauf, dass beim letztjährigen Fest auch Gäste aus dem Ruhrgebiet angereist sind.

Selbst einmal Lokführer sein - die Besucher können im Museum die Knöpfe und Hebel betätigen. (Foto: Bastian Bönisch)

Eines der Highlights während des Wochenendes werden die Touren zum Neustrelitzer Hafen sein: Am Samstag wird es drei und am Sonntag zwei Fahrten geben, zudem sollen unter anderem auch Fahrzeuge auf der Drehscheibe präsentiert werden. 20 bis 25 Vereine, Organisationen und Aussteller sind in das Fest involviert, um Vorführungen, Attraktionen und Informationen anzubieten. Durch gute Vernetzung habe die Organisation problemlos funktioniert, trotzdem erfordere so ein Fest natürlich eine Menge Arbeit — ohne die Hilfe der Vereinsmitglieder sei eine Umsetzung nicht möglich.

„Wir freuen uns über jeden Gast, dem wir unsere Fahrzeuge und das Museum zeigen und unseren Verein vorstellen können“, sagt Robert Förster und verweist darauf, dass durch das Fest im Optimalfall auch neue Mitglieder gefunden werden sollen. „Wir müssen auch daran denken, dass wir in 20 Jahren noch genug Mitglieder haben, damit der Verein weiter besteht und die Geschichte der Eisenbahn und des Eisenbahnstandortes Neustrelitz nicht in Vergessenheit gerät“, sind sich die Vereinsmitglieder einig. Auch über Unterstützung großer ortsansässiger Firmen freue sich der Verein, damit der Betrieb auch weiterhin gesichert werden könne.

Auf die Zukunft des Vereins angesprochen, sind sich beide einig, dass ein Zuwachs an Mitgliedern und eine Senkung des Durchschnittsalters notwendig sind. Der Verein würde sich freuen, wenn sich Interessierte melden und in das Vereinsleben „hineinschnuppern“. Es gäbe viele Tätigkeitsfelder und Bereiche — nicht nur für gelernte Eisenbahner.

Auch über eine zukünftige Kooperation mit der Stadt würde sich der Verein freuen. Wenn diese sich beteiligen würde, sei es eventuell möglich, ein touristisches Angebot an den Wochenenden im Sommer auf der Hafenbahn anzubieten, erklärt Conny Förster. Nur gemeinsam mit der Stadt sei die Beantragung einer Förderung im Bereich der touristischen Infrastruktur möglich, da der Verein solche Fahrten finanziell nicht allein tragen könne.