Premiere
Eine Frau, vier Männer – was ist denn da in Neustrelitz los?
Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Susanne Schulz
Donnerstags um zwölf beginnt die schönste Zeit der Woche im Leben der Uhrmachergattin Concepción: Während ihr Ehemann eine Stunde fort ist, um die Uhren im Rathaus aufzuziehen, kann sie – immer schön abwechselnd – einen ihrer Liebhaber empfangen. Eines fatalen Tages aber platzt Eseltreiber Ramiro ins präzise getaktete Rendezvous, zu dem ausgerechnet auch gleich beide Verehrer auftauchen. Um das frivole Geheimnis zu wahren, müssen die Galane sich in Standuhren verbergen und diese mal hierhin, mal dorthin getragen werden – was in der Hausherrin noch ganz neue Gefühle weckt.
Musik von Maurice Ravel
Dieses tickende Liebesspiel ist bald am Landestheater Neustrelitz zu erleben: Am 2. Dezember hat die Oper „Die spanische Stunde“ mit Musik von Maurice Ravel Premiere. Regisseurin Carolyn Sittig liebt das Stück für seinen französischen Esprit, seine feinsinnige Intelligenz und psychologischen Überraschungen. „Bei Ravel hat immer alles doppelte und dreifache Bedeutung“, preist sie den Komponisten, dessen „Boléro“ wohl alle Welt kennt.
„Die spanische Stunde“ schrieb er schon einige Jahre vor dem sinnlichen Dauerbrenner. „Er hatte schon früh zu seinem Stil gefunden“, sagt die Regisseurin und beschreibt den Franzosen als „Meister der Orchestrierung“, der mit feinsten Nuancen spiele. Obendrein mit der Musikgeschichte „rauf und runter“ vertraut, offenbare er auch Spaß am Zitieren etwa von Wagner, Bizet, Humperdinck oder auch barocker Musik.
Geboren in Bayreuth, aufgewachsen mit Opern
Vor allem aber entwickle Ravel im Motiv der Uhrenwerkstatt ein „Tick-Tack der Charaktere“. Seine Oper sei ein „Gesamtkunstwerk“, vergibt Carolyn Sittig ein Prädikat, das auch auf sie selbst zutrifft. Geboren im von Richard Wagners Festspielmythos geprägten Bayreuth, wuchs sie gewissermaßen mit Opern auf. Doch von der Kunst mindestens ebenso fasziniert wie von der Bühne, überdies skeptisch gegenüber allem Eingleisigen, studierte sie zunächst Kunstgeschichte in Paris, Architektur in Aachen, schließlich Musiktheaterregie in Hamburg.

Oder, wie sie es jenseits nüchterner biografischer Angaben erzählt: Die zunächst favorisierte Malerei wurde ihr zu einsam; als Verbindung zwischen Kunst und Theater lockte das Bühnenbild; die Erkenntnis, wer bei einer Inszenierung das letzte Wort hat, führte sie schließlich doch noch zur Regie. Nach wie vor aber zelebriert sie das Miteinander vieler künstlerischer Ausdrucksmittel, schreibt Texte und Gedichte, Libretti und Übersetzungen, malt und fotografiert, war allein in diesem Jahr an Ausstellungen unter anderen in Bordeaux und Barcelona beteiligt, macht mit Performances und Videokunst von sich reden.
Bekennende Team-Arbeiterin
„Nur singen werde ich nicht, jedenfalls nicht auf der Opernbühne“, sagt die bekennende Team-Arbeiterin: „Ich bin ein dialektischer Mensch, ich kann mich nicht selbst befruchten.“ Auf das gemeinsame Studium in Hamburg geht die Bekanntschaft zum Neustrelitzer Intendanten Sven Müller zurück, der sie nun für eine Regie-Arbeit an die Theater- und Orchestergesellschaft tog führte.
„Die spanische Stunde“ hat am 2. Dezember um 19.30 Uhr Premiere im Landestheater Neustrelitz. Weitere Vorstellungen folgen am 16. und 22. Dezember, 5. Januar und 17. Februar; Kartentelefon 03981 206400.