Baumriesen

Gnewitz hat die höchsten Kiefern im Strelitzer Land

Gnewitz / Lesedauer: 4 min

Gnewitz ist ein klitzekleines Dorf. Forst und Handelsstraße trugen einst zur Blüte bei. Noch heute hat die Umgebung einen mächtigen Baumbestand zu bieten.
Veröffentlicht:22.07.2019, 16:58
Aktualisiert:06.01.2022, 14:30

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Ganz abseits der großen und kleinen Straßen, dicht umsäumt von Kiefernwäldern, liegt das kleine Dörfchen Gnewitz. Ins benachbarte Hasselförde führt ein Plattenweg, nach Wokuhl ein Waldweg, der allerdings schon deutlich bessere Zeiten gesehen hat. Das alte Forsthaus mit seinen Nebengebäuden dominiert den Ort, daneben stehen nur noch wenige Häuschen und einige Meter weiter eine kleine Bungalowsiedlung. Nur noch ganz wenige leben hier dauerhaft, die anderen nutzen Gnewitz als Wochenend – oder Ferienidyll.

Dabei war das ehemalige Heidedorf im Mittelalter ein großes Dorf. Gelegen an der Haupthandelsstraße von Fürstenberg nach Woldegk hatte Gnewitz ein eigenes Kirchspiel. Die Äcker reichten fast bis Wokuhl. Nach dem 30-jährigen Krieg jedoch lag das Dorf „ganz wüst“, ist auf einer Informationstafel zu lesen. Erst nach 1750 wird, vorwiegend durch Kienäpfelsaaten, begonnen aufzuforsten. Gnewitz wird Heimat für Menschen, die mit dem Wald zu tun haben.

Wochenendhaus gebaut

„Wenn die alte Frau Dohms noch leben würde, die könnte jede Menge der alten Geschichten erzählen“, berichtet Peter Thiele. „Wir haben früher oft mit ihr zusammengesessen und vieles über das Dorf und seine Menschen erfahren. Sie war Haushaltshilfe beim Förster.“ Der Neubrandenburger hat hier seit 1982 seinen Bungalow. Um seine Leidenschaft für die Jagd und das Zusammensein mit seiner Familie gut unter einen Hut zu bekommen, baute er an Ort und Stelle ein Wochenenddomizil. Bis heute ist er gern hier, genießt die Ruhe und die schöne Natur, auch seine längst erwachsenen Kinder kommen wieder gern nach Gnewitz.

Noch vor dem Ortseingangsschild gibt es einen kleinen Waldfriedhof. „Es ist ärgerlich, dass dieser besondere Ort derzeit gar nicht gepflegt wird, denn viele Rad- und auch Autofahrer legen hier einen Halt ein“, sagt Thiele. Erhalten sind noch alte eiserne Grabkreuze aus dem 19. Jahrhundert. Ein großes Grabmal der Försterfamilie Reissmann, das unter Denkmalschutz steht, ist zudem zu finden.

Raketen-Operationsbasis im Revier errichtet

Zu den ersten Forstleuten gehörten zwischen 1767 und 1789 die Holzwärter Christopher und Andreas Sonnenberg, schreibt Klaus Borrmann in dem Heft „Die Wildparks Serrahn und Lüttenhagen“. Ab 1819 war die Försterei Lüttenhagen die zuständige übergeordnete Dienststelle für die Forstleute in Gnewitz. Im Februar 1884 gab es einen riesigen Sturmschaden, dem allein in Gnewitz 10000 Festmeter Bruch und Wurfholz zum Opfer fielen. Fritz Reissmann (jun.) ist damals „Forsthülfenaufseher“ und unterstützt seinen Vater bei der Beseitigung der Schäden und übernimmt dann für fast 30 Jahre sehr erfolgreich die Leitung des Reviers, heißt es bei Borrmann. Ab 1911 war Reissmann auch im Nebenamt als Ortsvorsteher tätig – ein Amt, das sonst traditionsgemäß der Inhaber des Gnewitzer Erbkruges innehatte. Die Gruft zeugt bis heute von Reissmanns Wirken.

Als Erich Gebauer 1985 als Revierförster das Revier Gnewitz von Günter Gilgenast, der hier 40 Jahre gewirkt hatte, übernahm, war es bereits 330 Hektar kleiner geworden. In einem abgezäunten Bereich hatten 1983 die Bauarbeiten für die Operationsbasis von SS21-Raketen der 229. Raketenabteilung der sowjetischen Streitkräfte begonnen. Ein Jahr später wurde das Objekt im Beisein des Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker öffentlich, aber doch in großer Heimlichkeit eingeweiht. „Irgendwie hatte man das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen“, meint Gebauer rückblickend. Der Abrüstungsvertrag zwischen den USA und der Sowjetunion 1987 führte dazu, dass bereits im März 1988 die Raketenbasis aufgelöst wurde. Das Gelände ging zunächst in das Eigentum der NVA über. Bis auf vier Unterstellbunker seien die militärischen Liegenschaften seit 1991 zurückgebaut worden, erzählt Gebauer.

200 Jahre alte Kiefernbestände

Die höchste Kiefer im Strelitzer Land bringe es auf stattliche 41,5 Meter Höhe. Sie stehe im Naturschutzgebiet Sandugkensee bei Gnewitz, berichtet Borrmann. Das Naturschutzgebiet ist etwa 67 Hektar groß, davon sind 4,47 Hektar Moor- und Wasserfläche inmitten eines ausgedehnten, weit über 200 Jahre alten Kiefernbestandes mit Blaubeeren im Unterwuchs. „So ein Bestand hat Seltenheitswert und dürfte in seiner Ausdehnung einer der ältesten in Mecklenburg sein“, schreiben Borrmann und Gebauer 2003. Auf der Schmettauschen Karte wird der kleine See noch als „Sand Oegen“ (wahrscheinlich vom Niederdeutschen Oeging- Äuglein) bezeichnet, später wird er auf einer Forstkarte als Sandygkensee betitelt und seit 1994, als die Fläche Naturschutzgebiet wurde, Sandugken-See. Bereits 1961 wurden die außergewöhnlichen Kiefern „Saatgutanerkennungsbestand“ und genossen somit einen besonderen Schutz. Staatlich anerkannte Saatgutspender seien die Kiefern bis heute, doch davon werde kaum noch Gebrauch gemacht, sagt Borrmann.

2014 wurden zwischen Hasselförde und Gnewitz auf circa 55 Hektar Bauarbeiten für ein Moorschutzprojekt durchgeführt. In einer Rinne zwischen dem Waldsee und dem Linowsee wurden Entwässerungseinrichtungen zurückgebaut oder höher gelegt. 2017 waren alle Zielwasserstände erreicht. Aufgrund der großen Trockenheit sind in einem Abschnitt nördlich der Straße zwischen Hasselförde und Gnewitz die Wasserstände etwas zurückgegangen, liegen aber immer noch deutlich höher als vor der Renaturierung, schildert Martin Wyczinski vom Naturpark Feldberger Seenlandschaft.