Jahrelang verhüllt
Kapelle nach Millionen-Sanierung endlich wieder zu sehen
Klein Vielen / Lesedauer: 4 min

Heike Sommer
Diesen Anblick haben viele Menschen sehnlichst erwartet. Seit fünf Jahren steckt die Jahn-Kapelle in Klein Vielen in einer Rüstung. Ein Bauzaun schützte das denkmalgeschützte, aber verfallene Gemäuer vor ungebetenen Besuchern. Hinter den Hüllen von Rüstung und Zaun verwandelte sich die Ruine Schritt für Schritt wieder in ein ansehnliches Beispiel neogotischer Baukunst. Wer wollte, konnte trotz jahrelanger Einrüstung den Baufortschritt regelmäßig besichtigen. Denn der Förderverein „Jahn-Kapelle Klein Vielen“ nahm jede Gelegenheit wahr, für sein Anliegen zu werben und Spenden zu sammeln.
Viele private Spenden
Dieses Anliegen hieß und heißt schlichtweg: Rettet dieses Denkmal. Der Ruf wurde erhört. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz wurde auf das ambitionierte Vorhaben aufmerksam und bedachte es regelmäßig mit großzügigen Spenden. Auch das Land und die EU stellten Gelder zur Verfügung. „Bis jetzt kommen wir auf Baukosten von rund eine Million Euro“, sagt Annegret Stein, Vorsitzende des Fördervereins. Besonders stolz sind sie und ihre Mitstreiter darauf, dass auch viele private Spender sich der Kapelle angenommen haben und viele fleißige Helfer regelmäßig an den Arbeitseinsätzen teilgenommen haben. „Allein um die Gewölbe zu sichern, haben sie fünf Kubikmeter Schutt per Hand Eimer für Eimer entfernt“, sagt sie und fügt hinzu: „Die Unterstützung von Nachbarn und Freunden von nah und fern ist großartig.“
Altes erhalten
Im Laufe der Jahre bekam die Kapelle ein neues Dach, wurde die zerstörte Laterne historisch rekonstruiert, wurden die Fialen ausgebessert oder neu aufgemauert. „Es ging uns immer darum, so viel wie möglich von der alten Bausubstanz zu erhalten“, sagt Annegret Stein. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. „Es musste immer genau geprüft werden, welche Ziegel und Formsteine können wieder verwertet und welche müssen neu angefertigt werden“, sagt sie. Nun jedoch sind Fassade und Dach – als Letztes wurden die Maßwerkfenster eingesetzt – fertig. Darum heißt es nun: Abrüsten. Bis spätestens zum Sonntag, dem Tag des offenen Denkmals, werden die letzten Hüllen gefallen sein. Denn dann lädt der Förderverein Jahn-Kapelle zur Besichtigung auf den Klingenberg.
Von wegen Mittelalter: Die Kapelle ist „scheinalt”
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ruft diesen Tag jährlich im September aus und hat ihn diesmal unter das Motto „Sein und Schein“ gestellt. „Wir haben daraus das Motto: ,steinalt oder scheinalt‘ gemacht“, sagt Annegret Stein. Die Besucher werden darauf aufmerksam gemacht, dass die Kapelle wirkt, als wäre sie im Mittelalter gebaut worden. In Wahrheit hat sie aber erst knapp 170 Jahre auf dem Buckel.
Ausstellung verrät Besonderheiten
Eine kleine Ausstellung lädt vor Ort ein, die Besonderheiten dieses „scheinalten“ Gebäudes zu entdecken. Die Besucher erfahren, dass Spitzbogen und Fensterrosen im 19. Jahrhundert noch einmal in Mode kamen, und man damals gern auf historische Bauformen zurückgriff. „Gerade Neustrelitz und Umgebung hat der Architekt Friedrich Wilhelm Buttel durch bedeutende Bauten im Stil der Neugotik geprägt, darunter die Jahn-Kapelle in Klein Vielen“, sagt die Vereinsvorsitzende. Auch die Dorfkirche im benachbarten Liepen ist dafür ein beredetes Beispiel und kann zum Tag des Denkmals besichtigt werden. Gemeinsam mit dem Verein Liepener Kirche und Orgel hat der Förderverein Jahn-Kapelle eine Plakatserie zum neugotischen Baustil entwickelt, die an beiden Orten gezeigt wird.
Auch hier werden zum Tag des offenen Denkmals Besucher erwartet
Hohenzieritz: Ab 14 Uhr bietet die Luisen-Gedenkstätte im Schloss Hohenzieritz am Sonntag eine Führung an. Dabei wird das Schlossensemble vorgestellt. Für die Führung wird keine Gebühr erhoben, der Eintritt in die Luisen-Gedenkstätte ist an diesem Tag ebenfalls kostenfrei.
Rattey: Am 11. und 12. September findet in Rattey im Rahmen des Tages des offenen Denkmals eine Kunst- und Kulturmeile statt. Das Schloss Rattey lädt zum Schlossrundgang ein. Zwischen 12 und 15 Uhr finden für einen begrenzten Personenkreis Schlossführungen statt. Anmeldungen werden rechtzeitig erbeten.
Neustrelitz: Der Residenzschlossverein Neustrelitz enthüllt am Sonntag, 12. September, um 14 Uhr auf dem Schlossberg eine Erinnerungstafel „Ort der Demokratie“. Im Anschluss gibt der Verein bis 17 Uhr Auskunft über den Stand der Virtualisierung der Schloss-Fassade und zum Planungsentwurf des Schlossturm-Wiederaufbaus.
Liepen: Der Förderverein Liepener Kirche und Orgel stellt sich am Sonntag von 11 bis 18 Uhr an der Kirche den Fragen der Besucher.