Gedenkstätte

Konzept zur Stasi-Haftanstalt in Neustrelitz erntet viel Lob

Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Die ehemalige Stasi-Haftanstalt in Neustrelitz bekommt eine Dauerausstellung, für die es jetzt noch mal Fördermittel gab.
Veröffentlicht:05.06.2021, 15:10
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Von:
  • Author ImageTobias Lemke
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Der Verein Stasi-Haftanstalt Töpferstraße in Neustrelitz hat am Freitag erstmals genauere Einblicke in die geplante Dauerausstellung gegeben. Der Verein arbeitet seit mehreren Jahren an einem neuen Konzept für den Ausstellungs- und Erinnerungsort. Im Kulturquartier wurde mit Projektbeteiligten und Vertretern anderer Gedenkstätten nun in einem Workshop das Erreichte vorgestellt. Auch Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) nahm daran teil.

Zwei wissenschaftliche Arbeiten seien jüngst über das einstige Neustrelitzer Stasi-Untersuchungsgefängnis angefertigt worden. Viel Detailwissen stecke in den Arbeiten, Informationen, die schon vergessen waren, erklärte eingangs Michael Körner, Vorsitzender des Vereins. Die für die geplante Ausstellung wichtige wissenschaftliche Arbeit seien jedoch die mehr als 20 Zeitzeugeninterviews. Diese wurden teils auch vor Ort in Neustrelitz geführt. „Manche hat die Situation noch immer schwer belastet. Anderen ist es wichtig, über das erlebte Unrecht zu berichten“, schildert die Historikerin Julia Reichheim, die die Gespräche führte.

Interviews nehmen zentrale Rolle ein

Interviews gab es dabei nicht nur mit Opfern, die in der Haftanstalt einsitzen mussten, sondern auch mit zwei ehemaligen Mitarbeitern des MfS (Ministerium für Staatssicherheit). Einer hatte das Objekt in Neustrelitz lediglich von außen bewacht, der andere auch Kontakt zu Häftlingen gehabt, erklärte Reichheim.

Die mit der Kamera aufgezeichneten Interviews werden später eine zentrale Rolle in der Ausstellung einnehmen. Das bereits sanierte Hafthaus in der Töpferstraße wurde in der oberen Etage im authentischen Zustand erhalten. Hier sind unter anderem ein Filmvorführraum sowie fünf Themenräume in den früheren Zellen geplant. Auf frei stehenden Video-Terminals werden Besucher circa zehnminütige Auszüge aus den Interviews abrufen können.

Als Beispiel wurde am Freitag bereits das Video von Manfred Chrzon gezeigt. Der gebürtige Templiner berichtet, wie sein Vater von der Stasi verhaftet wurde. Er hatte einem desertierten Sowjetsoldaten geholfen. Chrzon beschreibt, wie sein einst vitaler Vater als „gebrochener Mann“ aus der Haft zurückkehrte. Er sollte IM, ein Stasi-Spitzel, werden. „Mein Vater hatte den Mut, nicht zu unterschreiben“, erzählt Chrzon im Video.

Eine Zelle wird eingerichtet wie damals

Entstehen soll in der Stasi-Haftanstalt zudem ein Raum der Ruhe, der stillem Gedenken Platz bieten wird. Außerdem wird eine Zelle wieder so hergerichtet, wie sie früher war. Zwar fehle es an originalem Zellen-Mobilar, jedoch sollen Hocker und Pritsche zeitgemäß nachempfunden werden. Mit der Ausstellung, deren Fertigstellung laut Körner im Sommer nächsten Jahres geplant sei, sollen pädagogische Angebote eng verknüpft werden. Geplant sind Lernprojekte mit Schülern. Der Neustrelitzer Ausbildungsstandort der Bundespolizei plant Besuche der Polizei-Schüler im Gedenkort Stasi-Haftanstalt Töpferstraße. Es sei wichtig, dass künftige Polizisten wissen, welche Taten in einer Diktatur geschahen, hieß es. Offen ist derweil noch die Frage, in welcher Form der Erinnerungsort samt Dauerausstellung künftig betrieben wird. Allein im Ehrenamt könne der Verein das nicht mehr leisten, so Körner.

MV-Bildungsministerin Martin zeigt sich beeindruckt von der bis hierher geleisteten Arbeit. Sie sei überzeugt, dass solche Projekte viel mehr die politische Haltung eines Menschen prägen können als jedes Geschichtsbuch. Das Land fördert das pädagogische Konzept noch mal mit rund 34 000 Euro, was 30 Prozent der Kosten darstellt. Den Rest trägt die Bundeszentrale für politische Bildung. Mit einem ersten Förderbescheid hatte das Land bereits die Umsetzung der Dauerausstellung gefördert. Was die künftige Betreuung des Gedenkorts betrifft, so werde sie diese Frage mit nach Schwerin nehmen und darüber beraten, erklärte Martin.