Beratung

Massive Beschwerden im Körper? Diese Frau hilft bei den Wechseljahren

Neustrelitz / Lesedauer: 5 min

Anke Ruthenberg berät Menschen in Lebenskrisen. Jetzt hat sie sich einem ganz besonderen Thema gewidmet: die Wechseljahre. Im Gespräch erläutert sie, warum.
Veröffentlicht:12.03.2023, 08:21

Von:
  • Author ImageHeike Sommer
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Über Wechseljahre redet frau nicht, sie erträgt sie. Warum ist das so?

Weil das Thema negativ besetzt ist. Diese Jahre sind zumeist verbunden mit sehr vielen Verlusten und Abschieden: von der Fruchtbarkeit, von den Kindern, vom straffen Körper. Und sie gehen für viele einher mit Gebrechen. Ich denke weiterhin, es liegt auch an der nicht so positiven Stellung der Alternden in unserer Gesellschaft, dem Jugendwahn, unserer Fortschrittsideologie, unserem ewigen Drang nach stetiger Produktivität. Hinzu kommt, dass ältere Frauen oft mit Schimpfworten belegt werden wie alte, Hexe, Schrulle, vertrocknete Alte. Frauen haben in der Lebensmitte unheimlich viel zu bewältigen: Beruf, Kinder, pflegebedürftige Eltern oder Angehörige. In dieser Phase Schwäche zu zeigen, kommt für viele einem Tabubruch gleich.

Was hat Sie bewogen, sich mit dem Thema zu befassen?

Meine eigene Betroffenheit. Ich gehöre zu dem einen Drittel Frauen, die Wechseljahre nicht einfach so wegstecken. Die Symptome haben mir Angst gemacht. Und ehrlich, ich habe zwar eine sehr gute Hausärztin, aber die hat auch nicht unbegrenzt Zeit, auf meine individuellen Wechseljahres–Beschwerden einzugehen. Zumal ich ja nicht nur massive körperliche Beschwerden erfahren habe, sondern mich auch mit irritierenden Gefühlslagen konfrontiert sah. Die lösen sich mit Pillen und Kräutertees nicht einfach so auf.

Die Wechseljahre sind wie eine späte Pubertät. Sie mutet den Betroffenen eine ganze Menge zu.

Also habe ich nach Hilfsangeboten gesucht und bin nicht fündig geworden. Vor allem hat mich so geärgert, dass Frauen mit Wechseljahresbeschwerden de facto unsichtbar sind. Ich habe viel gelesen, aber bin kaum auf Studien zu dem Thema gestoßen. Jedenfalls nicht in Deutschland.

Wie haben Sie ihre Beschwerden in Griff bekommen?

Vor allem, in dem ich sie nicht mehr verschwiegen oder kleingeredet habe. Und wie gesagt, ich hatte eine verständnisvolle Hausärztin und Gynäkologin. Aber die Wechseljahre lassen sich nicht nur auf die medizinischen Aspekte reduzieren. Es ist ein Umbruch, der für mich und wahrscheinlich jede Frau mit vielen Fragen einhergeht. Was erwarte ich vom Leben?

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Die Wechseljahre sind wie eine späte Pubertät. Sie mutet den Betroffenen eine ganze Menge zu. Mancher Schmerz oder Trauer kommen an die Oberfläche. Trauer in Bezug auf nicht umgesetzte Träume oder Vorhaben, Trauer um den Auszug der Kinder oder über Themen, welche noch nicht bearbeitet werden konnten. Vielleicht werden sogar ganze Lebenskonstrukte neu bewertet und in Frage gestellt. Möchte ich genauso weiterleben? Möchte ich so weiter arbeiten? Was möchte ich überhaupt? Bei der Suche nach Antworten habe ich einen ganz anderen Blick auf die Wechseljahre bekommen. Sie sind keine Krankheit, sondern eine natürliche Phase im Leben einer Frau, die eine tolle Erfahrung werden kann.

Das müssen Sie genauer erklären.

Wenn ich besser verstehe, was in mir und mit mir vorgeht, dann kann ich besser nach meinen Bedürfnissen leben. Ich weiß, was mir guttut und was nicht. Ich lerne immer besser, diese Bedürfnisse auch anderen mitzuteilen. Denn oftmals scheitern wir ja daran, dass wir zwar wissen, was richtig für uns ist, Frauen aber immer noch viel zu häufig ihre Wünsche zurückstecken. Die Wechseljahre sind ein manchmal schmerzhafter Anstoß, sich besser auf die Schliche zu kommen und besser für sich zu sorgen. Und da wäre es gut, wenn Frauen weniger Zurechtweisung und mehr Ermutigung erfahren.

Woher bekommt man die?

Es gibt mittlerweile einige Bücher zu dem Thema. Aber ich finde den Austausch, das Gespräch am wirkungsvollsten. Bei meiner Recherche bin ich auf einen Fern–Studiengang zur Wechseljahre–Beraterin gestoßen.  Ich bin ja von Haus aus Sozialpädagogin und arbeite für die AWO als Paarberaterin, Mediatorin und Trainerin für Stressmanagement. Insofern lag es für mich auf der Hand, diese Zusatzqualifikation zu machen. Jetzt biete ich Seminare, Kurse und Einzelberatung zum Thema Wechseljahre an. Mir geht es um eine positive Besetzung des Themas, weg von der Tabuisierung und weg von der Scham. Nicht die Beschwerden, sondern Themen wie Freiheit, nichts mehr Beweisen müssen, Loslassen, sich selbst lieben, sich schön und sexy fühlen, mutig die neue Zeit erobern und Genuss sollten im Vordergrund stehen.

Fast 900.000 Frauen haben ihren Arbeitsplatz auf unbestimmte Zeit wegen Wechseljahresbeschwerden verlassen.

Darüber hinaus finde ich es wichtig, das Thema Wechseljahre aus der privaten Nische herauszuholen. Eine Studie aus England hat gezeigt, dass die Wirtschaft rund 14 Millionen Arbeitstage pro Jahr verliert. Fast 900.000 Frauen haben ihren Arbeitsplatz auf unbestimmte Zeit wegen Wechseljahresbeschwerden verlassen. Zudem haben rund 370.000 Frauen zwischen 50 und 64 Jahren in Großbritannien ihren Beruf bereits aufgegeben oder denken darüber nach. Für Deutschland liegen meines Wissens keine Studien vor. Wenn Unternehmen besser verstehen, wie es Frauen in dieser Lebensphase geht, dann könnten sie für entsprechende Bedingungen sorgen. Auch hier möchte ich beraten.

Wo bieten Sie ihre Beratungen an?

In Neustrelitz kann ich für Veranstaltungen die Räume der AWO nutzen. Das gilt auch für Waren und Neubrandenburg. Wer einen ersten Einstieg in das Thema wünscht, ist am 21. März um 15.30 Uhr in die Eismanufaktur in Penzlin „Jackle und Heidi“ eingeladen. Hier gebe ich in entspannter Atmosphäre einen thematischen Einblick — bisschen Biologie zum besseren Verständnis, Infos über Symptome und deren Linderung. Und ich spreche über Therapiemöglichkeiten wie Ernährung, Bewegung und Stressmanagement.

Anmeldung und weitere Informationen per Mail über [email protected] und unter der Rufnummer 0160 77077 10.