Bomben-Tests
Was wird aus dem Nazi-Bunker in der Seenplatte?
Qualzow/Rechlin / Lesedauer: 3 min

Tobias Lemke
Zumindest an eine Sache kann Thomas Linn einen Haken setzen. Der geschichtsinteressierte Qualzower bemüht sich seit nunmehr zwei Jahren um Denkmalschutz für die Betonbauten im Wald nahe Mirow und Rechlin. Bei den teils gewaltigen Bunkeranlagen handelt es sich um die Überreste der einstigen Luftwaffen–Erprobungsstelle Rechlin.
Von Nazis zerstörte Dorfkirche nun Denkmal
Einen ersten Teilerfolg kann Linn nun vermelden. So hatte er im Nachgang auch Denkmalschutz für die noch vorhandenen Reste der Grundmauern der alten Qualzower Dorfkirche beantragt. Das Gotteshaus war einst von den Nationalsozialisten abgetragen und Qualzow leergezogen worden, um die Testanlagen erweitern zu können. Insofern hängt die Geschichte des heute wieder bewohnten Dorfes eng mit der militärischen Versuchseinrichtung zusammen.
Das Fundament der Dorfkirche sei im Mai dieses Jahres nun von der Landesdenkmalpflege als Bodendenkmal in Qualzow mit der Fundplatznummer 21 ins Register eingetragen worden, kann Linn inzwischen vermelden.
Mit dem „Förderverein der Dörfer“ aus der Gemeinde sei beabsichtigt, eine Info-Tafel im Bereich der verbliebenen Grundmauern aufzustellen. Zudem werde derzeit noch diskutiert, ob eine behutsame obere Freilegung des Kirchenfundamentes zur besseren Sichtbarkeit umgesetzt werden kann. Die Landesarchäologie habe hierbei ihre Unterstützung angeboten, berichtet Linn.
Nazis sollen erste Streumunition getestet haben
Deutlicher sichtbarer vorhanden, wenn auch versteckt im Wald, sind hingegen die massiven Versuchsanlagen wie Betonhäuser, Bunker und Autobahnsegmente. Die Konstruktionen wurden für Munitions– und Bombentests beschossen. Nahe Qualzow befindet sich auf einem Acker zudem noch eine Bombenabwurfplatte. Vermutet wird, dass die Nazis auf dieser die erste Streumunition der Welt getestet haben.
Für all diese Anlagen hatte Linn bereits im August 2021 einen Antrag auf Denkmalschutz eingereicht. Wichtig: ihm geht es dabei keinesfalls um eine Verherrlichung der Geschichte. Die Objekte seien vielmehr als Mahnmale zu verstehen, erklärt der Ruheständler seine Einreichung. Sie seien Zeugnisse des nationalsozialistischen Größenwahns und ihrer brutalen Aufrüstungspolitik.
Die Objekte sind als Mahnmale zu verstehen.
Noch keine Entscheidung der Denkmalbehörde
Seit nunmehr zwei Jahren wurde in der Sache aber immer noch keine Entscheidung bei der zuständigen Denkmalbehörde im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gefällt. Zwei Mal hatte Linn bereits Akteneinsicht gefordert und bekommen. „Ein Bearbeitungsfortschritt ist aus der Akteneinsicht nicht wirklich erkennbar“, sagt er.
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Auf Nordkurier–Nachfrage erklärte Eike Schumann aus der Pressestelle der Kreisverwaltung lediglich, dass das denkmalrechtliche Verfahren sich weiterhin in Bearbeitung befinde. Wann mit einem Abschluss des Verfahrens zu rechnen ist, könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Die Frage, was im Rahmen der Prüfung im zurückliegenden Jahr erfolgte und welche Schritte noch ausstehen würden, blieb unbeantwortet.
Im August dieses Jahres hat Thomas Linn nun noch einen ergänzenden Antrag auf Denkmalschutz für eine Beschusswand gestellt. „Die Wand dokumentiert wahrlich die zerstörerische Kraft von Kriegsmitteln“, beschreibt Linn. Im Übrigen würden an und teils in den Trümmern viele Schaulustige umherklettern. Das ist kreuzgefährlich. Denn überall weisen Schilder auf kampfmittelbelastetes Gebiet und Lebensgefahr hin.