Neustrelitzer Ort der Demokratie wird zum Ort der Abrechnung
Neustrelitz / Lesedauer: 2 min

Der Residenzschlossverein Neustrelitz hat die Enthüllung einer Tafel „Ort der Demokratiegeschichte“ genutzt, um mit der Demokratie in Deutschland in ihrer jetzigen Form abzurechnen und vor allem gegen die Corona-Politik der Bundesregierung zu Felde zu ziehen. Der Vorsitzende des Vereins, Jürgen Haase, verlas nach eigenem Bekunden den Wortbeitrag eines Juristen, nannte allerdings den Autor nicht namentlich.
Bürgermeister Grund: Der Anlass ist zerstört
In dem Beitrag wird der Zustand des Rechtsstaats in seiner jetzigen Form beklagt, wird von massiven Einschränkungen der Grundrechte, von gezielten repressiven Maßnahmen, von einem autoritären und totalitären Vorgehen gesprochen. Die Worte des Vereinschefs lösten unterschiedliche Reaktionen aus. Während ein Zuhörer der Veranstaltung auf dem Schlossberg dem Redner Rückendeckung gab und dafür auch einigen Applaus erhielt, distanzierte sich Markus Lang von der Arbeitsgemeinschaft „Orte der Demokratiegeschichte” von den Äußerungen Jürgen Haases, wofür es deutlich mehr Applaus gab.
Weitere Redebeiträge hatte der Veranstalter nach eigenem Bekunden nicht vorgesehen. Der Neustrelitzer Bürgermeister Andreas Grund (parteilos) kritisierte die Plattform, die sich der Vereinsvorsitzende verschafft hatte, anschließend scharf. „Der Anlass ist zerstört, der Gedanke missbraucht“, sagte er. Die Neustrelitzer Stadtvertreter Martin Henze (Die Linke) und Falk Jagdszent (Grüne) sprachen ebenfalls von einem Missbrauch des Anlasses.
Linke-Bundestagskandidatin hatte die Veranstaltung verlassen
Protest kam auch von Amina Kanew, die für Die Linke in den Bundestag ziehen möchte: Die Rechtsstaatlichkeit von Deutschland wegen der beschlossenen und umgesetzten Corona-Maßnahmen grundsätzlich in Zweifel zu ziehen – mit Formulierungen, die bei den Montagsspaziergängen von Corona-Leugnern und AfD-Anhängern üblich seien – „halte ich für falsch und gefährlich“, so Kanew. Sie hatte die Veranstaltung, bei der auch AfD-Bundestagskandidatin Ulrike Schielke-Ziesing zugegen war, vorzeitig verlassen.
Auf dem Neustrelitzer Schlossberg war 1919 durch das Parlament des Freistaates Mecklenburg-Strelitz die erste demokratisch legitimierte Verfassung Deutschlands in Kraft getreten. Aus diesem Anlass wurde im Rahmen des Tages des offenen Denkmals die Erinnerungstafel auf dem Schlossberg enthüllt. Der Residenzschlossverein Neustrelitz arbeitet seit 2020 in der Arbeitsgemeinschaft mit. Holger Wilfarth, der Mitglied im Residenzschlossverein ist, setzt sich bereits seit 2015 für den Schlossberg als einen „Leuchtturm der Demokratie ein.
Auf Nordkurier-Nachfrage erklärte Haase nach seiner Rede, dass der verlesene Beitrag von Autor Ulrich Resch stamme.