Rettungsdienst

Notarzt kam erst nach einer Dreiviertelstunde

Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Die Rettungskräfte waren bereits vor Ort, um einem 51-jährigen Familienvater zu helfen. Ein wichtiges Medikament durfte aber nur der Notarzt verabreichen.
Veröffentlicht:23.02.2022, 07:13
Aktualisiert:

Von:
  • Author ImageTobias Lemke
Artikel teilen:

Im Ernstfall zählt jede Minute. Hängt ein Leben am seidenen Faden, kann es sogar auf Sekunden ankommen. Dass in Mecklenburg-Vorpommern die Gesetzeslage eine einzuhaltende Hilfsfrist von 10 Minuten vorsieht, kommt nicht von ungefähr. Gerade in einem Flächenland stellt das eine große Herausforderung dar. Wenn aber massiv von dieser Vorgabe abgewichen wird, so wirft das Fragen auf.

Mehr lesen:Corona bringt Pläne für Rettungsdienst ins Wanken

Rettungswagen war schnell vor Ort

Ein Neustrelitzer* und seine Familie mussten erleben, wie erst eine Dreiviertelstunde nach Absetzen ihres Notrufs an einem Montagnachmittag im Januar der Notarzt bei ihnen eintraf. In den Tagen vor dem Rettungseinsatz sei bei ihm ein Herzleiden diagnostiziert worden. „Ich war im Schongang unterwegs, aber an diesem Tag habe ich Herzrasen bekommen und tendierte schließlich zur Ohnmacht“, erinnert sich der 51-jährige Familienvater.

Der Rettungswagen mit zwei Sanitätern an Bord sei auch schnell vor Ort gewesen. Jedoch konnten die Rettungskräfte in diesem Fall nicht viel ausrichten. Denn die Verabreichung eines Medikaments, auf das der Neustrelitzer in diesem kritischen Moment angewiesen war, habe die Anwesenheit des Notarztes erfordert. Dieser sei erst nach einer Dreiviertelstunde nach Absetzen des Notrufs eingetroffen.

Die Sache ging zum Glück gut aus. Der Neustrelitzer wurde in die Spezialklinik nach Karlsburg gebracht und konnte schließlich operiert werden. Dennoch, er hält die Eintreffzeit in seinem Fall für viel zu lang. „Das hätte ganz schnell in die Hose gehen können“, sagt er. Andere Patienten könnten in eine ähnliche Lage kommen und dann gehe es vielleicht nicht so gut aus.

Das könnte Sie auch interessieren:Mehr Dialyseplätze für die Karlsburger Klinik

Durchschnittswerte wurden nicht mitgeteilt

Träger des Rettungsdienstes am Boden sind die jeweiligen Landkreise und kreisfreien Städte. Auf Nordkurier-Nachfrage konnte von dieser Seite jedoch nicht viel zur Aufklärung des Falls aus Neustrelitz beigetragen werden. Bei welchen Durchschnittswerten aktuell etwa die Hilfsfristen im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte liegen, könne derzeit nicht mitgeteilt werden, heißt es aus der Kreisverwaltung. Auch eine Angabe dazu, in wie vielen Fällen man über der Zehn-Minuten-Frist liege, gebe es aktuell nicht. „Es ist zum jetzigen Zeitpunkt in der Leitstelle noch nicht möglich, große Datenmengen auszuwerten. Das Problem ist jedoch bekannt und soll noch in der ersten Jahreshälfte 2022 gelöst werden“, erklärt Kreis-Sprecher Nils Henke.

Immer der, der am nächsten ist, wird alarmiert

Im Sommer vorigen Jahres war die neue Leitstelle in der Mecklenburgischen Seenplatte in Neuendorf ans Netz gegangen.

Generell werde immer der Notarzt alarmiert, der am Nächsten am Einsatzort ist. Ist der Einsatzort beispielsweise Wesenberg und der Wesenberger Notarzt ist gerade anderweitig im Einsatz, werde wiederum der Notarzt alarmiert, der am schnellsten vor Ort sein kann. „Dies gilt auch über Kreisgrenzen hinweg“, sagt Henke.

Er weist zudem auf das vom Landkreistag in Auftrag gegebene Gutachten zur Überplanung des Rettungsdienstes in MV hin. Dieses wurde im vergangenen April vorgestellt. Demnach werde empfohlen, die Rettungsdienststandorte im Land auszubauen. Über konkrete Maßnahmen in der Seenplatte könne aber erst zu einem späteren Zeitpunkt berichtet werden.

*Name ist der Redaktion bekannt