Ministerin lässt 90 Jahre altes Urteil prüfen
Polnischer Mann in Neustrelitz unschuldig hingerichtet
Neustrelitz / Lesedauer: 2 min

Marlies Steffen
Es ist keine Rehabilitierung für einen vor 90 Jahren unschuldig Hingerichteten. Aber es ist eine Bewertung von höchster Stelle: Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) hat am Donnerstag in Neustrelitz das im Februar 1926 vollstreckte Todesurteil gegen den polnischen Landarbeiter Josef Jakubwoksi als Unrecht bezeichnet.
Dem Schwurgericht, dass den polnischen Landarbeiter 1925 zum Tode verurteilt hatte, warf sie nicht nur menschlichem Versagen vor. Das Urteil zeuge auch von Willkür und Machtmissbrauch. Ob Josef Jakubowski indessen auch juristisch rehabilitiert werden kann, wird sich noch zeigen. Die Justizministerin hat den Generalstaatsanwalt Mecklenburg-Vorpommern beauftragt, die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens zu prüfen. Kuder räumte ein, dass dafür hohe Hürden zu nehmen seien. Zum einen müsse zunächst geprüft werden, was für Akten noch vorhanden sind. Zum anderen gebe es strenge Regelungen, wann eine Wiederaufnahme möglich ist. Bei dem Schuldspruch gegen Jakubowski handele es sich um ein rechtskräftiges Urteil.
Wahre Täter blieben am Leben
Der polnische Landarbeiter war nach dem Ersten Weltkrieg in Palingen in der Region Ratzeburg geblieben, die damals zum Land Mecklenburg-Strelitz gehörte. 1924 wurde der dreijährige Stiefsohn umgebracht. In der Folge wurde der Landarbeiter trotz Unschuldsbeteuerungen und Gnadengesuch zum Tode verurteilt und 1926 im Gefängnis Neustrelitz hingerichtet. Später stellte sich heraus, dass die Großmutter des Jungen zusammen mit zwei Männern das Kind getötet und den Verdacht auf Jakubowski gelenkt hatte. Das Trio wurde 1930 zu langen Strafen verurteilt, blieb aber am Leben.