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Böllerverbot

Risiko Rettungseinsatz? Feuerwehren um Sicherheit besorgt

Neustrelitz / Lesedauer: 4 min

Was in der Neujahrsnacht in Berlin geschehen ist, hat eine heftige Debatte ausgelöst. Auch in den Feuerwehren des Strelitzer Landes.
Veröffentlicht:06.01.2023, 15:05

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Auf dem Marktplatz in Neustrelitz wird zu Silvester auch mal die eine oder andere Rakete von übermütigen Jugendlichen quer über den Marktplatz anstatt in die Luft geschossen, doch solche schlimmen Szenen, wie sie aus der Hauptstadt vermeldet wurden, bei denen Rettungskräfte im Einsatz angegriffen worden sind, hat es in Neustrelitz nicht gegeben. In der Nacht zum Jahreswechsel blieb es für die Neustrelitzer Einsatzkräfte dagegen erstaunlich ruhig. Es gab nur einen Einsatz für sie. 85 Feuerwehrkameraden mussten nach Thurow ausrücken, um einen Carport zu löschen. Der Brand drohte, auf ein Wohngebäude überzugreifen.

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Vorfall in Neustrelitz

Auch die Tendenz, dass Rettungskräfte vermehrt unter Angriffen bei ihren Einsätzen zu leiden hätten, lässt sich für die Region nicht feststellen. „Es ist sicher hier und da mal zu kleineren verbalen Auseinandersetzungen zwischen Einsatzkräften und Bürgern gekommen. Dies sind in der Regel jedoch Kleinigkeiten. Meist geht es dabei darum, dass wir mit den Fahrzeugen im Einsatz Verkehrswege blockieren bzw. Straßen sperren müssen“, sagt Guido Mertke von der Ortsfeuerwehr Altstrelitz. Die Feuerwehr Neustrelitz bekam bei einigen Einsätzen, allerdings auch schon den Unmut einiger Bürger zu spüren. Vor einigen Jahren sei es in der Mühlenstraße zu einem Vorfall gekommen, wo Kameraden beleidigt worden seien. Hier sei auch eine Strafanzeige gestellt worden. „Es ist jedoch keine Tendenz zu erkennen, dass Rettungskräfte hier im ländlichen Raum öfter angegriffen werden. Die Einsätze verlaufen verstärkt friedlich“, sagt Thomas Tschirch von der Feuerwehr Neustrelitz.

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„Angeschnarrt, beleidigt und unhöflich behandelt“

Im August 2022 sei es laut Tschirch bei den 35 Überschwemmungseinsätzen in Neustrelitz in mehreren Fällen zu unschönen Situationen gekommen. So seien „die Kameraden angeschnarrt, beleidigt und unhöflich behandelt“ worden, schildert er. Handgreiflichkeiten habe es zum Glück aber nicht gegeben. „Einsatzstellen werden bei uns immer nach Priorität abgehandelt“, erklärt der Ortswehrführer der Neustrelitzer Feuerwehr. Bei der Feuerwehr Woldegk ging es dagegen bis jetzt friedlich zu. „So was hatten wir bei uns nicht“, sagt Frank Thude von der Feuerwehr Woldegk. Nicht so in Wesenberg. „Bei bestimmten Maßnahmen, beispielsweise bei Sirenenalarm oder Sondersignalfahrten werden wir von einigen Bürgern anders angesprochen, als es die feine englische Art ist“, sagt Robert Bartz von der Wesenberger Feuerwehr.

Böllerverbot – was meint die Feuerwehr dazu?

Die Kameraden der Feuerwehren haben ihre eigene Meinung zum jedes Jahr aufs Neue diskutierten Böllerverbot. „Ein generelles Böllerverbot halten wir nicht für zielführend. Dies wäre eine weitere Vorschrift, die allen auferlegt wird, nur weil sich ein paar nicht zu benehmen wüssten“, so der Altstrelitzer Ortswehrführer Mertke. Vielmehr sollten alle vorhandenen juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Täter zu bestrafen. Zustände wie in Berlin seien im ländlichen Raum auch eher unwahrscheinlich. Hier würden die Feuerwehr und der Rettungsdienst ein höheres Ansehen genießen. In der Anonymität der Großstadt fühlten sich die Täter zudem sicher, meint Mertke.

„Ich bin da zwiegespalten”

Der Ortswehrführer der Neustrelitzer Feuerwehr hat wohl Verständnis für die Liebhaber des Silvesterfeuerwerks, aber kennt auch die Nachteile Böllerei. „Ich bin da zwiegespalten. Man möchte den Leuten den Spaß gönnen. Für die Feuerwehr ist es jedoch günstiger, wenn keine Böller fliegen. Auch die Tiere leiden ja unter der Böllerei“, so Tschirch. Er selbst habe zwei Hunde und bekomme deren Ängste in der Silvesternacht live mit, wenn seine Tiere sich vor dem Krach verstecken wollen. Die Woldegker Feuerwehr äußert ihr Unverständnis gegenüber der Situation am Silvesterabend in Berlin. „Das geht gar nicht, so, wie es in Berlin gelaufen ist. Wenn alles in geregelten Bahnen abläuft, ist es ja schön anzusehen. Ich persönlich kaufe keine Knaller, ich lasse lieber die Anderen knallen. Soll es jeder so halten, wie er will“, sagt Thude von der Feuerwehr Woldegk. Robert Bartz von der Wesenberger Feuerwehr ist geteilter Meinung, was ein mögliches Böllerverbot anbelangt. „Dann würden wir ja alle über einen Kamm scheren. Wenn einer ohne Führerschein erwischt wird, fahren wir ja morgen auch nicht alle Fahrrad“, sagt er.

Polizisten bereits mehrfach attackiert

Derweil war die Polizei bei Routinekontrollen bereits mehrfach körperlichen Attacken ausgesetzt. 2021 gab es im Strelitzer Land 75 erfasste Straftaten in Bezug auf Widerstände gegen die Staatsgewalt, teilte Polizeisprecherin Adina Ebert mit. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 86 Fälle erfasst. Eine Statistik dahin gehend, wie viele Polizistinnen und Polizisten dabei verletzt wurden oder Krankenhausaufenthalte folgten, werde jedoch nicht geführt. Konfliktpotenzial gebe es besonders bei Feierlichkeiten aufgrund des vermehrten Alkoholkonsums, hat die Polizei festgestellt.