Flüchtlingskrise
So sieht Apotheker Hassan seine neue Heimat
Wesenberg / Lesedauer: 3 min

Jana Schrödter
Der syrische Apotheker Hassan Almohimed ist glücklich, mal wieder in Wesenberg (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) zu sein. Für eine Woche hat er nämlich in der Apotheke am Markt die Urlaubsvertretung übernommen. Der Kontakt zu seinen Wesenberger Freunden sei seit dem Jahr 2015, als er hier ankam und die kleine Stadt nach der Flucht seine erste Station in der neuen Heimat war, nie abgerissen, sagt er. „Ich habe jeden Abend, solange ich hier bin, eine Verabredung“, so Hassan.
Einst Pharmazie studiert
In der syrischen Hauptstadt Damaskus hatte er einst Pharmazie studiert und viele Jahre als Apotheker gearbeitet, bis der Krieg ausbrach. Über die Balkanroute gelangte er zu Fuß nach Deutschland. Nachdem der 41–jährige Anfang 2017 seine Sprachprüfung B2 abgelegt hatte, absolvierte er sechs Monate später die Fachsprachenprüfung in Hannover. Er erhielt eine Berufserlaubnis, arbeitete circa anderthalb Jahre unter Aufsicht in einer Apotheke, bis er schließlich sein drittes Staatsexamen wiederholte. Seitdem ist Hassan als Apotheker in Deutschland anerkannt und im Besitz seiner Approbation.
Er bietet Unterstützung in ganz Deutschland an
Drei Jahre lang war er in einer Apotheke in Salzgitter (Niedersachsen) fest angestellt, bis er sich für einen anderen Weg entschied. Über eine Agentur wird er seither in Deutschland überallhin vermittelt, wo er gebraucht wird. Dreimal war er bereits in Mecklenburg–Vorpommern, ansonsten unterstützte er seine Apothekerkollegen in Baden–Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen sowie in Thüringen und in Sachsen–Anhalt. „Ich und viele andere sind Deutschland dankbar, dass wir unser Leben wieder aufbauen konnten und normal leben können. Ich hoffe, ich bin ein gutes Beispiel für andere syrische oder ukrainische Flüchtlinge, dass man es schaffen und sein Leben wieder normal strukturieren kann“, sagt er.
Seit dem vergangenen Jahr hat Hassan die deutsche Staatsbürgerschaft. „Auch wenn man in der ersten Zeit, nachdem man als Flüchtling in Deutschland angekommen ist, das Gefühl hat, dass man es nicht schafft, kann ich sagen, man schafft es, und es gelingt, auch wenn alles zerstört ist, findet man seinen Weg“, ist Hassan überzeugt.
Eltern und Geschwister sind auch in Deutschland
Die Eltern und zehn Geschwister leben in Salzgitter (Niedersachsen). Einer seiner Brüder hat in Syrien Jura studiert, heute ist er Fahrlehrer. Hassan besitzt mittlerweile auch einen Führerschein. Er plant nebenberuflich noch Biochemie oder Bioinformatik zu studieren, denn in Syrien sind Apotheker zusätzlich auch im medizinischen Labor tätig. Rassismus hat Hassan in Deutschland persönlich noch nie erlebt. „Das Wichtigste war, dass das Team nett und die Atmosphäre angenehm ist, das war fast immer der Fall“, erzählt er. Das Einzige, was ihm als Nicht–Muttersprachler zu schaffen macht, sind die unterschiedlichen Dialekte.
Jede Apotheke funktioniert anders
Eine Sache macht seinen Einsatz in ganz Deutschland allerdings schwer: Trotz eines einheitlichen Gesundheitssystems arbeite jede Apotheke anders. Es gebe viele Regeln, sodass er immer wieder umdenken müsse. Über den Medikamentenmangel in deutschen Apotheken ist er erstaunt und hofft, dass sich die Situation bald wieder entspannt. „Nicht zu glauben, dass es in Deutschland 2023 so was gibt: Kein Antibiotika für Kinder“, sagt er.