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Kreistagswahl

SPD in der Seenplatte geht mit radikalem Vorschlag in den Wahlkampf

Neustrelitz / Lesedauer: 4 min

Sehr früh positionieren sich die Sozialdemokraten der Seenplatte für die Kommunalwahl 2024. Kandidaten und Themen stehen fest. Spannend dürfte vor allem eines werden.
Veröffentlicht:19.11.2023, 12:49

Von:
  • Ingmar Nehls
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Die SPD in der Seenplatte hält es für möglich, Kreistagssitzungen künftig zu familienfreundlicheren Tageszeiten stattfinden zu lassen. Gemäß der Kommunalverfassung könne die Sitzungszeit zu Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen stattfinden. Kreis-SPD-Chefin und Landtagsabgeordnete Nadine Julitz könne sich vorstellen, dass die Sitzungen um 10 Uhr beginnen. "Arbeitgeber sind verpflichtet, Freistellungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Mandat zu gewähren", sagte sie am Sonnabend im Landeszentrum für Erneuerbare Energien (LEEA) in Neustrelitz. Dort stimmte die Partei über das Wahlprogramm und die Kandidaten für die Kreistagswahl ab. 

Digitale Mitarbeit

Die 33-jährige Julitz, selbst zweifache Mutter, rechne damit, dass dieser Vorstoß für Diskussionen sorgen werde.  Aktuell beginnen die Kreistagssitzungen um 17 Uhr und seien oft nicht vor 22 Uhr beendet. Regelmäßig würden einige Abgeordnete die Sitzungen deutlich früher verlassen. „Und das sind nicht die Frauen, sondern eher die Herren, die diesen Antrag wahrscheinlich kritisieren werden“, meinte Nadine Julitz. 

„Teilhabe und Familienfreundlichkeit sind Ziele, für die wir als SPD Seenplatte kämpfen. Die Sitzungszeiten machen es Eltern in Familien mit jungen Kindern, pflegenden Angehörigen und insbesondere Frauen schwer, am politischen Leben teilzuhaben und die Zukunft des Kreises mitzugestalten“, sagte die zweifache Mutter Nadine Julitz. Bei einigen Gesprächen mit Frauen über ein mögliches Engagement in der Kommunalpolitik sei die schwierige Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politisches Ehrenamt der Grund gewesen, warum sie nicht antreten. Mit aktuell 13 Prozent sei der Frauenanteil des Kreistags der geringste im Land. 

Der Kreistag besteht aus 77 Mitgliedern. Sie vertreten  275.406 Einwohner aus 172 Gemeinden mit einer Gesamtfläche von 5469 Quadratkilometern. Das bedeutet auch lange Wege nach langen Sitzungen. Darum will sich die SPD zudem dafür einsetzen, dass die Mitarbeit in Ausschüssen auch digital erfolgen kann. 

Julitz und Arlt kandidieren für Kreistag

Die SPD in der Seenplatte setzt bei der Kreistagswahl im Juni 2024 personell neben Erfahrung auch auf frischen Wind. So steht Röbels parteiloser Bürgermeister Matthias Radtke auf der Liste für Röbel und die Kleinseenplatte. Die SPD – aktuell mit zwölf Sitzen im Kreistag Mecklenburgische Seenplatte vertreten – hat damit als erste den Startschuss für die Kommunalwahlen gegeben. Andere Parteien werden erst im Frühjahr über ihre Themen und Kandidaten abstimmen.

„Wir finden es gut, vorzuarbeiten und gerade mit dem Programm vorweg zu gehen und nicht auf andere zu reagieren“, sagte SPD-Kreisvorsitzende Nadine Julitz. Die Warener Stadtvertreterin und Landtagsabgeordnete gehört zu den prominentesten Namen, die auf den zwölf Listen mit jeweils zehn Plätzen stehen. Auch der zweite von der Doppelspitze des SPD-Kreisvorstands, der Bundestagsabgeordnete Johannes Arlt, wird bei der Kreistagswahl antreten. Bisher war der Neustrelitzer in keinem kommunalen Parlament aktiv.

Das sind die weiteren Kandidaten

Während weitere Spitzenpolitiker wie die SPD-Landtagsabgeordneten Dagmar Kaselitz, Andreas Butzki und Bernd Lange auf den Listen stehen, fehlt aber auch ein prominenter Name. Denn der Penzliner Bürgermeister Sven Flechner wollte nicht mehr für die SPD antreten. Noch offen sei laut Nadine Julitz, ob der 82-jährige Woldegker Bürgermeister Ernst Jürgen Lode erneut antreten wird. Darum habe man auch noch offene Listenplätze gelassen. Im Februar sei eine zweite Sitzung geplant, wo es die Option des Nachwählens gibt. 

Auf der Röbeler Liste steht neben Matthias Radtke der Name der Bollewicker Bürgermeisterin, Antje Styskal. Sie wolle sich zusätzlich zu ihrer Tätigkeit im innovativen Bioenergiedorf auch auf Kreisebene engagieren. Weitere Bürgermeister im Team sind Nico Klose aus Neverin, Franc Heinrihar aus Alt-Schwerin und Constance von Buchwaldt aus der Feldberger Seenlandschaft. 

Das sind die Themenvorschläge der Seenplatte SPD

Der Vorschlag für das Wahlprogramm sei von mehreren Mitgliedern gemeinsam mit dem Vorstand ausgearbeitet worden. Die drei großen Themen seien Mobilitätspolitik, Bildung und Kultur sowie Daseinsvorsorge, wie Arlt erklärte. „Die wichtigste Voraussetzung für sozialen Zusammenhalt im größten Flächenkreis Deutschlands sind gleichwertige Lebensverhältnisse, insbesondere in den Bereichen Mobilität, Daseinsvorsorge, soziale Teilhabe und Digitalisierung. Die Schaffung dieser gleichen Lebensverhältnisse ist die zentrale Herausforderung für die nächsten Jahre“, sagte Johannes Arlt.

Zum Themenkomplex Mobilität gehören freie Fahrt im ÖPNV für Jung und Alt, Rufbus-System, Sammeltaxis, Nightliner, Verkehrssicherheitsangebote kreisweit für alle Schulkinder, vergünstigte Führerscheine für Azubis und Berufsschüler und Ausbau des Radwegenetzes.

Im Bereich Bildung stehen Forderungen wie Sozialarbeit an jeder Schule, bezahlbares und gesundes Schulessen, regionale Kulturangebote stärken und entwickeln, regionale Traditionen und Gemeinschaft der Dörfer sehen, belohnen und stärken sowie Förderung des Breitensports auch in den kleinen Vereinen.

Unter Versorgung gewährleisten versteht die SPD: Apotheken und ärztliche Versorgung sicherstellen, Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Mobilfunknetz ausbauen, Vereine und Feuerwehr würdigen und unterstützen, Energiesicherheit im Landkreis gewährleisten, Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen und Start-Ups, Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze in den Bereichen Landwirtschaft, Energie, Tourismus.

Dazu auch: Landwirtschaft stärker nachhaltig bewirtschaften, Förderung traditioneller Handwerks- und Landwirtschaftstechniken und touristische Ziele kreisweit besser vernetzen und stärker bekanntmachen.