Grundschule

Test in Neustrelitz beweist – unsere Kinder schwimmen schlechter

Neustrelitz / Lesedauer: 4 min

Ein groß angelegter Grundschultest in Neustrelitz hat die Befürchtungen bestätigt. Die Schwimmfähigkeiten der Kinder sind massiv gesunken. Ein Schwimmlehrer sieht aber auch Positives.
Veröffentlicht:23.08.2022, 08:15

Von:
  • Author ImageTobias Lemke
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Der Neustrelitzer Schwimmlehrer Torsten Krüger und ein 26-köpfiges Team aus Schwimmlehrern, Rettungsschwimmern und Helfern wollten es ganz genau wissen. In der vergangenen Woche hatten sie alle Drittklässler aus Neustrelitz zum Schwimmtest der DRK-Wasserwacht an den Glambecker See gebeten. Alle vier Grundschulen der Stadt waren mit neun Klassen gemeldet. Die Ergebnisse waren allerdings ernüchternd.

Schwimmfähigkeiten haben abgenommen

„Wir wollten Erkenntnisse haben, die auch mit Zahlen zu unterfüttern sind“, so Krüger. Denn bislang heißt es zwar immer, dass viele Verantwortliche Alarm schlagen, weil Kinder nicht richtig schwimmen können. Zusätzlich würden durch Corona und den damit verbundenen Ausfall von Schwimmunterricht ganze Jahrgänge zu Nichtschwimmern werden. „Es muss keiner in Panik verfallen, aber wir müssen warnen“, sagt er. Denn tatsächlich sei zu erkennen, dass die Schwimmfähigkeiten bei Grundschülern im Vergleich zu der Zeit vor Corona wieder deutlich abgenommen haben.

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Der Test, den die Wasserwacht, mit Ausnahme der beiden Vorjahre, seit 2013 durchführt, umfasst fünf Aufgaben. Ein Gegenstand ist aus schultertiefem Wasser heraufzuholen. Zudem muss ins Wasser gesprungen, 25 Meter geschwommen und eine kurze Strecke getaucht werden. Schließlich soll noch einige Sekunden auf dem Rücken liegend in einer Seestern-Position verweilt werden.

Corona hat den Aufwärtstrend zunichtegemacht

Insgesamt 195 Schüler stellten sich den Aufgaben, wobei nur 163 Kinder freiwillig ins Wasser sprangen und ein kurzes Stück bis zum Ausstieg schwammen. 145 Kinder konnten den gewünschten Gegenstand aus schultertiefem Wasser heraufholen und 143 Kinder schafften die 25 Meter zu schwimmen. Somit haben 143 Kinder die Normen für des Abzeichen „Seepferdchen“ erreicht. Es könne also keine Rede davon sein, dass eine ganze Nichtschwimmer-Generation entstehe, so Krüger.

Trotzdem hat Corona einen zuvor erkennbaren Aufwärtstrend wieder zunichtegemacht. Bis 2019 war die Nichtschwimmer-Quote bei den Mädchen und Jungen in Neustrelitz rückläufig gewesen. Der Blick auf die Zahlen zeigt nun aber eine Umkehr dieser Entwicklung. Sprangen 2019 noch 98 Prozent der Kinder ins Wasser und schwammen ein kurzes Stück, so waren es 2022 nur 84 Prozent. Auch beim 25-Meter-Schwimmen sah es ähnlich aus. 2019 schafften diese Strecke noch 84 Prozent, diesmal waren es nur 73 Prozent.

Nur wenige Kinder schafften alle fünf Aufgaben

Auch der Aussage, wonach Kinder nicht richtig schwimmen können, muss Krüger leider zustimmen. „Nimmt man die Aufgaben aus dem Bereich der Wasservertrautheit hinzu, erhalten wir ein trauriges Bild“, sagt er. Vor drei Jahren schafften noch 36 Prozent beim Schwimmtest alle fünf Aufgaben. Das sah in der vorigen Woche viel schlechter aus. Nur 17,4 Prozent der Kinder konnten diesen Erfolg für sich verbuchen.

Ambitionierte Ziele bis zum Ende der Grundschule

„Viele Eltern überschätzen die Schwimmfähigkeit ihrer Kinder, indem sie sich aufs Erreichen des Seepferdchens stützen. Meer und See sind aber nach 25 Metern nicht zu Ende“, verdeutlicht Krüger. Immerhin gelte seit 2017 eine gemeinsame Empfehlung der Kultusminister-Konferenz und von Sport- und Bildungsverbänden. Demnach ist als „sicherer Schwimmer“ zu bezeichnen, wer die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze (Freischwimmer) erfüllt. Hier sollen die Schüler unter anderem 15 Minuten schwimmen und dabei 200 Meter in zwei unterschiedliche Schwimmarten zurücklegen. „Das sind ambitionierte Ziele. Da haben viele Kinder bis zum Ende der Grundschulzeit noch einen weiten Weg vor sich“, sagt Krüger.

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Trotz des aktuellen Negativtrends lobt der Schwimmlehrer aber dennoch ausdrücklich, dass viele Eltern mit ihren Kindern versucht haben, gar keine Lücken bezüglich der Schwimmfähigkeit entstehen zu lassen. Auch seien die Schulen wieder in den Schwimmunterricht eingestiegen. „Es heißt jetzt vor allem, am Ball zu bleiben“, appelliert Krüger.