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Vielfahrer müssen Allzeithoch an der Tanke aushalten
Woldegk / Lesedauer: 4 min

Tobias Lemke
Pendler, die auf das Auto angewiesen sind, kommen beim Blick auf die Preistafeln der Tankstellen aktuell ins Schwitzen. In den vergangenen Tagen wurden bei Diesel und Benzin Allzeithochs erreicht oder es wurde zumindest an der Marke gekratzt. Mancher befürchtet, dass das Ende der Fahnenstange noch gar nicht erreicht ist.
Mehrkosten von 500 Euro pro Monat
Betriebe, bei denen Autofahrten zum Tagesgeschäft gehören, bekommen die derzeitige Preisentwicklung beim Kraftstoff besonders hart zu spüren. „Das merken wir extrem“, sagt etwa Jens-Uwe Rzehak, Inhaber einer Fahrschule in Woldegk. Mit Mehrkosten von mindestens 500 Euro in diesem Monat rechnet der Fahrschullehrer, der noch drei Angestellte hat.
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Einfach so auf der Einnahmenseite die Preise erhöhen, das funktioniere nicht. Die Verträge mit den Fahrschülern würden ein Vierteljahr vorher oder sogar noch weiter im Voraus unterschrieben – und zu diesem Zeitpunkt war die regelrechte Preisexplosion beim Benzin nicht abzusehen.
Busunternehmen: Puffer reicht längst nicht mehr
Ähnlich sieht die Lage bei den Strelitzer Busunternehmen aus. Durch dieses Tal müsse man jetzt durch, sagt Antje Funk, Betriebsleiterin bei Bustouristik Tonne in Triepkendorf. Denn eine Anpassung der Tarife im Busverkehr könne es frühstens zum Anfang kommenden Jahres geben. Zwar werde immer auch ein Puffer, also ein gewisser Anteil an Kostensteigerungen eingeplant, jedoch bei Weitem nicht solche extremen Sprünge, wie sie aktuell an der Tankstelle zu sehen sind.
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Preisschwankungen beim Sprit könne das Unternehmen zwar ein Stück weit noch abfedern, da der Diesel über ein Auktionssystem für die firmeneigene Tankstelle bezogen werde, aber am Ende sei auch hier die massive Kostensteigerung zu erkennen. Beim Diesel sei schon im September im Vergleich zum Vorjahresmonat eine satte Preissteigerung von 34 Prozent zu verzeichnen gewesen. „Und die Preise jetzt im Oktober sind ja noch mal einen Zacken schärfer geworden“, will Funk noch gar nicht daran denken, wie die nächste Auktionsanfrage laufen wird.
„Das schlägt schon ordentlich zu Buche“
Acht Betriebsautos sind täglich 600 bis 700 Kilometer für die Häusliche Krankenpflege des Pflegezentrums Priepert unterwegs. Die Pflegeeinrichtung auf dem Land bekomme die gestiegenen Tankrechnungen wegen langer Fahrtwege deutlich zu spüren, sagt Chefin Karin Hildebrandt. „Das schlägt schon ordentlich zu Buche“, sagt sie. Taktisches Tanken, das heißt zum Beispiel in den Abendstunden an die Zapfsäule zu fahren, sei im Arbeitsalltag nicht möglich. Die Kolleginnen müssen darauf achten, dass stets Benzin im Tank sei für den nächsten Nutzer eines Autos.
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Über alternative Antriebsformen hat sich etwa Fahrlehrer Rzehak schon längst Gedanken gemacht. „Aber das E-Auto ist für uns als Fahrschule im ländlichen Raum längst noch nicht praktikabel“, sagt er. Die Reichweiten seien nach wie vor ungenügend, wenn man bedenkt, dass an einzelnen Tagen etwa bei Autobahnfahrten 300 bis 400 Kilometer gefahren werden müssen.
Busunternehmen testet E-Mobilität
Und Rzehak, der auch Berufskraftfahrer ausbildet, macht noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam. Die Logistikbranche brauche dringend junge Fahrer, manche Spedition streiche derzeit aufgrund ungewisser Zukunftsaussichten die Segel. „Da spielt die ganze Spritpreis-Problematik auch mit rein, und zwar negativ“, sagt Rzehak.
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Ob die E-Mobilität hingegen mittlerweile im Busbereich gut anwendbar ist, soll demnächst bei der Bustouristik Tonne getestet werden. Eine Woche lang werde in Kürze ein elektrisch betriebener Kleinbus mit 20 Plätzen ausprobiert, berichtet Funk. Für 2022 stehe die Anschaffung eines ersten E-Busses im Plan. Allerdings umfasst die Flotte insgesamt 24 Fahrzeuge – das heißt, der Spritpreis wird wohl trotzdem noch länger Einfluss auf die Kosten des Unternehmens haben.