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Justiz

Alkohol-Fahrt mit spektakulärem Crash wird hart bestraft

Uecker-Randow / Lesedauer: 4 min

Ein Pasewalker muss längere Zeit in Haft, weil er im Rausch einen Unfall mit erheblichem Sachschaden verursachte. Dass die Strafe so hoch ausfiel, hat aber noch andere Gründe.
Veröffentlicht:21.11.2023, 12:55

Von:
  • Mathias Scherfling
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Gerade erst aus der Haft entlassen, schon muss er wieder ins Gefängnis: Ein 42-Jähriger aus Pasewalk ist offenbar unbelehrbar. 

Boot mitten auf Verkehrskreisel gerammt

Daniel P., gelernter Maurer und mehrfach vorbestraft, fuhr im Sommer 2022 betrunken und berauscht sowie ohne Führerschein durch Ueckermünde. Weit kam er nicht. Nach einem Fest verlor er gegen 2.30 Uhr die Kontrolle über den geliehenen VW Multivan und fuhr auf der Berndshofer Landstraße mehrere Verkehrsschilder um. Dann schleuderte er mit dem Kleintransporter über einen Verkehrskreisel und beschädigte ein dort ausgestelltes Boot stark. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 25.000 Euro.

Jetzt musste sich der 42-Jährige vor dem Pasewalker Amtsgericht wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahrens unter Einfluss von Alkohol und anderen Betäubungsmitteln sowie Fahrens ohne Führerschein verantworten. Erschwerend für ihn: Zum Zeitpunkt des Unfalls wurde er per Haftbefehl gesucht, weil er eine andere Haftstrafe abzusitzen hatte.

Zeugen nicht erschienen

Zunächst musste Richter Gerald Fleckenstein aber feststellen, dass von fünf vorgeladenen Zeugen lediglich ein Polizeibeamter erschienen war. Ein zweiter Polizist und drei weitere Zeugen fehlten. Der Richter ordnete deren polizeiliche Vorführung an, die Verhandlung wurde solange unterbrochen.

Der Bereitschaftspolizist, der als Erster am Unfallort eingetroffen war, schilderte dann seine Beobachtungen. „Der Angeklagte saß neben dem Fahrzeug auf dem Boden und telefonierte“, so der 25-jährige Polizeikommissar. Die Fahrertür des VW-Busses habe offen gestanden, daran habe Blut gehaftet. Weitere Personen seien nicht vor Ort gewesen. Der Angeklagte habe geblutet und nach Alkohol gerochen, viel erzählt, sei kooperativ gewesen. Der Atemalkoholtest habe zunächst 1,59 Promille ergeben.

Verteidiger: Mandant vermindert schuldfähig

Erst mit dem Rettungsdienst seien zwei weitere Personen aufgetaucht, die ebenfalls im Auto gesessen hatten – eine 18-Jährige und ein 25-Jähriger. Die Frau habe über Kopfschmerzen geklagt. Beide hätten angegeben, dass Daniel P. gefahren sei. Die folgende Blutentnahme habe 1,95 Promille und circa das 20-Fache des erlaubten Cannabis-Wertes ergeben. Diese Werte seien doch wohl ein Beweis dafür, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt vermindert schuldfähig war, warf der Verteidiger ein. Das sah der Richter nicht so.

Doch wichtige Zeugen fehlten weiter – die beiden Mitfahrer. Auf die wollte der Verteidiger nicht verzichten, denn schließlich hätte auch einer von ihnen gefahren sein können. Er habe versucht, die Zeugen polizeilich vorzuladen, erklärte Richter Gerald Fleckenstein. Doch die beiden seien an ihren gemeldeten Adressen nicht angetroffen worden. „Ich schließe nicht aus, dass sich die Zeugen abgesprochen haben, hier heute nicht zu erscheinen“, so Fleckenstein. Er sprach ein Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 200 Euro aus.

Langes Vorstrafenregister

Nachdem der Richter den Angeklagten zu seinem Beruf und Verdienst befragt hatte, der Handwerker war bis zu seiner Verurteilung selbstständig tätig, verlas Fleckenstein das Strafregister des Angeklagten. Dieser wurde 1996 – damals noch unter Jugendstrafrecht – erstmals verurteilt. In den folgenden Jahren kamen 21 weitere Verurteilungen hinzu, unter anderem wegen Diebstahls, gemeinschaftlicher Körperverletzung, Wohnungseinbruch, immer wieder Fahrens ohne Führerschein sowie Fahrens unter Einfluss von Alkohol und anderen Betäubungsmitteln. Zuletzt war Daniel P. vom Juli 2022 bis August 2023 in Haft.

Die Staatsanwältin sah es schließlich auch ohne weitere Zeugen als erwiesen an, dass Daniel P. in jener Nacht am Steuer saß. Eine Geldstrafe sei indiskutabel. Sie forderte ein Jahr, neun Monate und eine Woche Haft sowie eine vierjährige Sperre für den Führerschein. „Sie haben gezeigt, dass Sie nicht fähig sind, ein Fahrzeug zu führen. Sie haben gewusst, dass Sie eine Haftstrafe hatten, und setzten sich mit zwei anderen Personen betrunken in ein Fahrzeug. Das zeigt schon eine hartnäckige Ignoranz“, betonte sie. Der Verteidiger forderte Freispruch beziehungsweise eine Bewährungsstrafe.

„Zu Ihren Gunsten spricht nichts“

Für Gerald Fleckenstein stand fest: Daniel P. hat das Fahrzeug gefahren. Das sei anhand der Aussagen und Spuren erwiesen. „Zu Ihren Gunsten spricht nichts. Im Gegenteil, Sie sind fahruntüchtig und ohne Führerschein in das Auto gestiegen. Sie sind ein ganz hartnäckiger Wiederholungstäter, und es ist nicht abzusehen, ob dies Ihre letzte Straftat war.“ Der Angeklagte wurde zu einem Jahr und zehn Monaten Haft und einer vierjährigen Führerscheinsperre verurteilt. Er nahm das Urteil ohne Regung hin. Rechtskräftig ist es indes noch nicht.