120. Jubiläum
Als die Feuerwehr noch mit der Pferdekutsche ausrückte
Jatznick / Lesedauer: 3 min

Fred Lucius
Das Datum ist genau verbrieft. Zwar auf einem Blatt Papier mit altdeutscher Schrift, aber immerhin. Und so kann Gemeindewehrführer Marcel Lichtnow belegen, dass die Jatznicker Feuerwehr am 19. Januar 1902 gegründet wurde. „Ein Freund der Feuerwehr, Günter Kühne, hat das ,übersetzt‘ und noch einmal aufgeschrieben“, sagt der Wehrchef. Am besagten Tag, so ist den Aufzeichnungen zu entnehmen, war „Zum Zwecke der Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr ... eine Versammlung von Interessenten im Erdmannschen Saal anberaumt“. Eingeladen hatten die Jatznicker damals den Hauptmann der Pasewalker Wehr, einen gewissen Elten, und weitere Feuerwehrleute aus der Nachbarstadt. Elten habe darauf aufmerksam gemacht, dass „eine Wehr Geld und nochmals Geld und abermals Geld gebraucht, um etwas tüchtiges leisten zu können“.
„Daran hat sich bis heute nichts geändert“, meint Marcel Lichtnow mit einem Schmunzeln und fügt sogleich hinzu, dass die Jatznicker Löschtruppe bei jedem Bürgermeister im Ort stets ein offenes Ohr gefunden habe. 26 Männer haben sich damals zur Wehr angemeldet, geht aus dem Gründungsprotokoll hervor. Albert Tornow wurde erster Wehrführer und bekleidete diesen Posten immerhin bis 1935.
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Verlorene Pumpe musste mit Pferden aus dem Graben gezogen werden
Auch auf zahlreiche Fotos können die Kameraden um Marcel Lichtnow zurückgreifen. Eines zeigt beispielsweise als erstes Einsatzgerät eine Handdruckspritze, die noch im Gründungsjahr angeschafft wurde und die auf einer Kutsche aufgebaut und noch mit zwei PS, also zwei Pferden, unterwegs gewesen sei, berichtet Christian Leu (66), der älteste aktive Kamerad bei den Jatznickern. Die Handdruckspritze habe bis Anfang der 1990er-Jahre in Jatznick gestanden, heute ist sie eine Dauerleihgabe im Pasewalker Feuerwehrmuseum. Als eines der ersten motorisierten Fahrzeuge sei damals ein umgebauter K 30 angeschafft worden.
Christian Leu wie auch Jörg Marunde (69) kennen etliche Episoden aus der 120-jährigen Geschichte, entweder aus eigenem Erleben oder aus Erzählungen ehemaliger Kameraden. So soll der K 30 nach einem Brandeinsatz in Stettin zu Kriegszeiten auf der Rückfahrt zwischen Rossow und Zerrenthin die Pumpe verloren haben. Diese musste mit Pferden aus dem Straßengraben gezogen werden, berichtet Marunde.
Zu DDR-Zeiten herrsche Mangel an Einsatzkleidung
„Weil zu DDR-Zeiten nicht ausreichend Einsatzkleidung vorhanden war, konnten Jugendliche die von Kameraden anziehen, die verhindert waren. Jemand mit Schuhgröße 43 hatte ein Problem, wenn er Schuhe mit Größe 47 bekam“, erinnert sich Leu. Wie heute habe es auch damals einen großen kameradschaftlichen Zusammenhalt gegeben. Daher habe man auch relativ stabile Mitgliederzahlen, betont Lichtnow, der seit 2011 Wehrführer ist. Zusammen mit der Bellinger Löschgruppe gebe es aktuell 32 aktive Kameraden, 14 Mitglieder in der Jugendwehr und weitere 30 in der Ehrenabteilung und fördernde Mitglieder.
Am Pfingstsonnabend große Party zum 120.
Das 120. Jubiläum wollen die Jatznicker wie schon das 110. am Pfingstsonnabend feiern. Vorgesehen ist ab 14 Uhr ein großer Festumzug, an dem die Schalmeienmusikanten Mühlenhof, das Feuerwehrmuseum, die Patenfeuerwehr aus Potsdam-Glienicke sowie zahlreiche Wehren aus der Region teilnehmen. Ab 15 Uhr ist ein buntes Programm auf dem Waldplatz in Jatznick geplant, unter anderem mit einer Tombola, für die es zahlreiche Sponsoren gibt. Am Abend wird zu Tanz, Lasershow und Höhenfeuerwerk eingeladen.
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