Sadistische Gewaltfantasie?

Aufgeschlitztes Pferd bei Pasewalk – darum werden meistens Stuten gequält

Polzow / Lesedauer: 3 min

Was sich offenbar in Vorpommern abspielte, ist schwer zu ertragen: Mit einem langen, scharfen Gegenstand wurde ein Pferd anscheinend zu Tode gequält. Solche grausamen Taten sind keine Einzelfälle.
Veröffentlicht:12.07.2022, 17:14

Von:
  • Susanne Böhm
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Der Schock sitzt tief. Für Pferdehalter in Polzow dürfte eine Welt zusammen gebrochen sein. Sie mussten am Dienstagmorgen mit ansehen, wie ihre Stute unter Qualen starb. Nach jetzigem Stand der polizeilichen Ermittlungen hatten Unbekannte das Pferd auf einer Koppel im Süden Vorpommerns so schwer misshandelt, dass es nach starkem Blutverlust eingeschläfert werden musste.

Die Polizei ermittelt in alle Richtungen. Obwohl nach Auskunft von Sprecher Ben Tuschy nach jetzigen Erkenntnissen alles auf menschliche Täter hindeutet, ist derzeit nicht gänzlich auszuschließen, dass sich in der Nacht zu Dienstag ein tragischer Unfall auf der Koppel ereignete. Noch am Dienstag wurde das tote Tier zur Obduktion nach Rostock gebracht. Die pathologische Untersuchung soll Klarheit bringen. Grausame Taten dieser Art sind allerdings bei Weitem keine Einzelfälle, und immer wieder trifft es Stuten.

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Seit Anfang der 1990er-Jahre warnen Tierschutzorganisationen deutschlandweit vor sogenannten Pferderippern. Die Tierrechtsorganisation Peta erreichen nach eigenen Angaben immer wieder Hinweise von Whistleblowern, Zeugen aus der Szene, die gegen Täter aus den eigenen Reihen vorgehen wollen.

Tierschützer fordern Pferderipper-Register

Der erste Fall eines systematisch vorgehenden Gewalttäters habe sich von 1993 bis 2003 in Niedersachsen abgespielt. 50 Pferde solle der Einzeltäter umgebracht haben. Wie viele Pferde inzwischen in Deutschland Tierquälern zum Opfer fielen, wisse niemand. „Obwohl Fälle von Pferderippern auf große öffentliche Resonanz stoßen, gibt es noch kein behördliches Register, das alle Anschläge auf Pferde durch Tierquäler aufführt“, kritisierten die Tierschützer. Laut eigener Statistik seien mehr als 900 Pferde verletzt oder getötet worden.

Die Fälle ähneln sich. „Täter brechen zumeist nachts auf Weiden ein, mit dem Ziel, Pferde teils schwer zu verletzen und in besonders grausamen Fällen sogar zu töten.“ Es wird geschlitzt, geschnitten und gestochen. Fast immer wählen die Täter Stuten aus, um ihre sadistischen Gewaltfantasien umzusetzen.

Nach Auskunft von Peta ist davon auszugehen, dass es sich um „psychisch und sexuell gestörte Täter“ handelt, da diese die Pferde oft an den Geschlechtsteilen verletzen. Möglicherweise spielten Sodomie und Zoophilie eine Rolle. Durch das Internet würden solche Taten unter Umständen befeuert.

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Für Klicks und Aufmerksamkeit würden manche Pferdeschlitzer und andere Tierquäler ihre Taten filmen, sie auf einschlägigen Plattformen im Darknet zur Schau stellen und sich dafür feiern lassen. In diesem versteckten Teil des Internets, der für alle unsichtbar ist, die legale Browser nutzen, gebe es regelrechte Pferderipper-Challenges, erklärte Peta.

Dieser Trend ist der Polizei in M-V natürlich bekannt. Ob auch der Polzower Fall irgendwann im Darknet auftaucht, würden die Ermittlungen zeigen, hieß es aus dem Polizeipräsidium Neubrandenburg. „Sobald der Ermittler im Polzower Fall einen Hinweis aufs Darknet erhält, bittet er einen Cybercrimer um Unterstützung“ – einen Kriminalisten, der auf Internet-Straftaten spezialisiert ist, sagt eine Polizeisprecherin.

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Immer wieder kommt es im Nordosten zu solchen Fällen. Zuletzt waren die Tierquäler nach Nordkurier-Informationen vor allem in den Jahren 2019 und 2020 in Südmecklenburg und Nordbrandenburg aktiv. Im Januar 2019 wurde ein Zuchtpferd im Löwenberger Land schwer verletzt, im März 2019 eine Stute in Ollendorf nahe Neustrelitz. Im Mai wurde ein Tier in Neuruppin angegriffen. Im September 2020 wurden zwei Pferde in Wolgast verletzt.