Bei der Krebsoperation hilft auch Kollege Roboter mit
Pasewalk / Lesedauer: 4 min

Zoltán Szabó
Es riecht streng nach Desinfektionsmittel. Im sterilen OP-Saal liegt ein Mann auf dem Rücken, nur spärlich mit OP–Tüchern abgedeckt. Sein Körper ist um 30 Grad geneigt, mit dem Kopf nach unten und den Beinen oben. Er schläft seit einer halben Stunde – Anästhesie-Ärztin Renata Sajdak hat ihn in Vollnarkose versetzt.
Im Hintergrund hört man die regelmäßigen Geräusche der Herz–Lungen-Pumpe und des EKGs, das die Funktion des Herzens misst. Viele Stellen des Patienten sind gepolstert und fixiert worden, selbst die Schläuche – das sei notwendig, denn der Patient sei nun rund drei Stunden ruhig gestellt, sagt Sajdak. Ansonsten könne es zu Druckstellen bei dem 61–Jährigen kommen.

Einzigartig in der Uecker–Randow–Region
An diesem Vormittag wollen Dr. Katrin Gromoll–Bergmann, die Chefärztin der Urologie und zugleich Ärztliche Direktorin der Asklepios Klinik, ihre Assistenzärztin Dr. Carolin Komke und die OP–Schwestern die Prostata des Krebspatienten entfernen. Die medizinischen Instrumente und das Material liegen bereit. Und auch der heimliche Star im OP–Saal, der OP-Roboter „Da Vinci“, wartet auf seinen Einsatz. Der Roboter mit seinen vier Armen und neun Funktionen ist einzigartig in der Uecker-Randow-Region und arbeitet besonders präzise.
Im Bauch des Patienten stecken mehrere Trokare, besser bekannt als Kanülen, über die die vier Arme von „Da Vinci“ und seine Instrumente eingeführt werden. Chefärztin Gromoll-Bergmann bedient den Roboter mit Händen und Füßen im Sitzen und sieht jeden Schritt über den integrierten Monitor in 3D. Mit den Händen führt sie die grazilen Instrumente auf kleinstem Raum. Mit dem rechten Fuß schneidet und verbrennt sie das Gewebe, um die Blutung zu stoppen. In der Luft liegt der Geruch von gebratenem Fleisch.

Arbeit am Roboter mit Hand und Fuß
Mit dem linken Fuß steuert die Ärztin die Kamera und bewegt gleichzeitig alle vier Roboter-Arme. 80 Übungsstunden am integrierten Simulator und vom Hersteller angeleitete Praxisübungen an Tieren und Verstorbenen habe sie gebraucht, um den Umgang mit dem Gerät zu erlernen, sagt sie. Doch sie wolle den Roboter nicht mehr missen. Er erleichtere ihr die Arbeit sehr, insbesondere, da sie im Sitzen arbeiten kann.
Die Urologin geht Stück für Stück durch den Bauchraum, legt die Blase frei, hinter das Schambein und arbeitet sich bis zur Harnröhre und der Prostata vor, die sie langsam freischneidet. Während der Operation sitzt sie an der Steuerkonsole, die rund drei Meter von den Roboterarmen entfernt ist. Währenddessen ist Dr. Carolin Komke ihre helfende Hand, etwa beim Absaugen des Blutes, Entfernen von Gewebe und dem Bereitstellen von Nadel und Faden. Die OP-Schwestern reichen der Assistenzärztin die Instrumente oder überwachen die Geräte, die sie bei Bedarf nachjustieren.
Ein Team für den OP–Erfolg
Anästhesieärztin Renata Sajdak und Anästhesie-Schwester Sina Giard achten derweil darauf, dass sich der Patient nicht bewegt und weiterhin im Tiefschlaf verweilt. Sie überwachen den Herzschlag, die Medikamentenzufuhr und die Atmung. Denn der Körper kann unter Vollnarkose nicht mehr selbstständig atmen – das übernimmt eine Pumpe und diese muss ebenso wie die Medikamentenmaschine überwacht werden. Insgesamt dauert die Operation für die Anästhesie mit Einleiten und Ausleiten der Narkose bis zu vier Stunden. Das ganze Team sei für den Erfolg der Operation wichtig, betonen sowohl die Chefärztin als auch die Anästhesieärztin.
Mit dabei im OP-Saal ist an diesem Tag auch Pasewalks Bürgermeister Danny Rodewald. Begeistert beobachtet er die Operation, stellt viele Fragen und ist sichtlich beeindruckt vom Team und „Da Vinci“. Irgendwann ist Rodewald gar Teil der Operation, als er unter Anleitung ein Gerät bedienen darf, um den Ansaugdruck für den Absaugschlauch zu regulieren.

Alles verlief planmäßig
Als die Prostata endlich entfernt ist, näht die Chefärztin mit Hilfe von „Da Vinci“ mit Nadel und Faden auf kleinstem Raum das Gewebe. Zum Schluss werden die Roboterarme und die Trokare aus dem Bauch entfernt. Dann verschließt Assistenzärztin Carolin Komke die Löcher im Bauch händisch mit Nadel und Faden. Die Anästhesie leitet schließlich die Aufwachphase ein, kurze Zeit später öffnet der Patient benommen die Augen. Von der aufwendigen Operation und der Hilfe von „Da Vinci“ hat der 61-jährige Mann nach dreieinhalb Stunden Schlaf nichts mitbekommen.