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Gesundheitswesen

Deshalb ist in diesem Krankenhaus die Stimmung mies

Pasewalk / Lesedauer: 4 min

Mitarbeiter des Pasewalker Krankenhauses fordern mehr Geld und Kommunikation mit der Geschäftsführung. Diese sieht die Politik in der Pflicht.
Veröffentlicht:21.08.2023, 17:57

Von:
  • Mathias Scherfling
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Eine finanziell schwierige Lage und ausbleibender Inflationsausgleich schüren weiterhin Unzufriedenheit und Sorgen unter Mitarbeitern und in der Chefetage der Asklepios-Klinik in Pasewalk. Das Unternehmen schreibt rote Zahlen, was sich nach Nordkurier-Informationen inzwischen auch auf die angebotenen Leistungen, insbesondere aber auf rund 500 der 570 Mitarbeiter der Klinik auswirkt.

Kritik an Arbeitsbedingungen und Kommunikation

Die Stimmung ist schlecht in einigen Abteilungen. „Maßnahmen, die von der Geschäftsführung mit aller Macht durchgesetzt werden, sind für uns so nicht akzeptabel“, sagt die Betriebsratsvorsitzende Angela Michalek. Um die Wirtschaftlichkeit wiederherzustellen, würden zum Beispiel Stationen zusammengelegt und Bereiche zusammengefasst, die interdisziplinär arbeiten sollen.

„Sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Kommunikation mit den Betroffenen sind oft mangelhaft. Dazu kommt die Null-Runde der Vergütungsanhebung, die wir auf keinen Fall akzeptieren werden. Vieles wird von heute auf morgen entschieden. Dienstpläne werden immer wieder verändert. Das sorgt für Chaos, Planungsunsicherheit und macht Mitarbeiter kaputt“, zählt Angela Michalek auf.

Chefärzte und Oberärzte fehlen

In regem, auch häufig kurzfristigem Austausch mit der Geschäftsführung diskutiere der Betriebsrat diese Probleme. "Wir haben viele Angebote gemacht. Beispielsweise, dass man den Inflationsausgleich in kleineren Raten zahlt. Aber damit stoßen wir leider auf taube Ohren.“


Sie wünsche sich beispielsweise klare Aussagen bezüglich der Akquise von neuen Ärzten. Derzeit seien zwei Chefarzt-Posten nicht besetzt, und auch an Oberärzten fehle es. Trotzdem würden weiterhin alle Leistungen angeboten, wenn auch eingeschränkt. „Das muss aus unserer Sicht unbedingt in die Praxen der niedergelassenen Ärzte kommuniziert werden, und auch die Bevölkerung muss wissen, dass unsere Klinik weiterhin leistungsfähig ist." Die Klinik sei personell gut aufgestellt, und das soll auch so bleiben. 

Krankenhaus nicht von Insolvenz bedroht

Unternehmenssprecher Mathias Eberenz erklärt, dass die Gesamtsituation weiter angespannt ist. „Die Klinik arbeitet nicht wirtschaftlich, kann es nicht, weil sie für die Behandlungen mehr Geld ausgibt, als sie einnimmt. Dieses vom Gesetzgeber verschuldete systematische Problem hat dazu geführt, dass die Klinik erstmals rote Zahlen schreibt.“

Inflationsausgleich von Krankenkassen oder dem Land bekomme die Einrichtung nicht. Die Klinik sei aber nicht von Insolvenz bedroht. „Viele andere Häuser stehen bereits unter Schutzschirmverfahren oder gehen in Planinsolvenz – mit all den negativen Folgen für die Arbeitsplätze und die Versorgung der Bevölkerung insbesondere in ländlichen Regionen“, sagt Mathias Eberenz.

„Krankenhaussterben ist Flächenbrand“

„Mit Hochdruck“ wird laut Asklepios–Regionalgeschäftsführer Guido Lenz daran gearbeitet, „die Wirtschaftlichkeit der Klinik wiederherzustellen, und wir sind zuversichtlich, dass uns das — gemeinsamen mit allen Mitarbeitenden — auch gelingt“.  Generell allerdings beurteilt er die Situation pessimistischer: „Das Krankenhaussterben ist aktuell kein schleichender Prozess mehr, sondern hat sich zu einem Flächenbrand ausgeweitet. Jüngstes Beispiel ist die Warnow–Klinik in Bützow, welche unlängst Insolvenz anmeldete. Dies alles rührt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach herzlich wenig. In mehreren Statements hat er klargestellt, dass es kein sogenanntes Vorschaltgesetz geben wird, dass den Krankenhäusern ein wirtschaftliches Überleben bis zum Einsetzen der angekündigten Krankenhausreform ermöglicht“, kritisiert der Geschäftsführer. „Statt in der aktuellen Situation Abhilfe zu leisten, untererstellt der Minister den Krankenhäusern schlechte Behandlungsqualität und treibt sein Ziel, die Versorgung an großen Universitätskliniken zu konzentrieren, unbeirrt voran.“

Spätestens jetzt aber sieht die Asklepios–Kette laut Mathias Eberenz die Politik in der Pflicht. „Trotz der jetzt schon seit einem Jahr anhaltenden extrem hohen Inflation erhalten die Krankenhäuser praktisch keinen Ausgleich für die Preissteigerung, insbesondere im Bereich der Energie, aber auch bei allen anderen Gütern. Aufgrund der gesetzlichen Regelung liegen damit unseren aktuellen Leistungsvergütungen Daten aus dem Jahr 2021 zugrunde. Das heißt, jedes Krankenhaus in Deutschland muss zu aktuellen Preisen einkaufen, kann aber seine Leistungen gegenüber den Krankenkassen nur zum Preisniveau von 2021 in Rechnung stellen. Das ist eine erhebliche Unterfinanzierung.“

Trotzdem attraktiver Arbeitgeber

Mathias Eberenz betont, die Klinik sei trotz allem ein attraktiver Arbeitgeber. „Selbstverständlich ist uns daran gelegen ist, die Mitarbeiter zu halten und frei werdende Stellen neu zu besetzen. Wir bieten unseren Mitarbeitern in der Pflege umfassende Weiterbildungen an, es gibt unter anderem flexible Arbeitszeitanpassungen und Wechselschichtzulagen und Zuschüsse für Feriencamps der Kinder.“ Im Gegensatz zu vielen anderen Kliniken würden Jubiläumszuwendungen gezahlt, dazu kämen Weihnachts– und Urlaubsgeld. „Aktuell verzeichnen wir auf jede offene Stelle zwei bis drei Bewerbungen. Was noch zu besetzende Oberarzt– und Chefarztpositionen betrifft, so konnten einige Schlüsselpositionen bereits besetzt werden. Die weiteren Bewerbungsgespräche sind weit fortgeschritten." Durchschnittlich 10.000 Patienten werden in dem Haus jährlich stationär behandelt. Für ihre Arbeit erhalten die Angestellten laut Mathias Eberenz wettbewerbsfähige Löhne.

Auch vor diesem Hintergrund habe das Krankenhaus neben der Politik ans eigene Personal appelliert, in dieser schwierigen Zeit zu helfen. Nur mit Unterstützung der Belegschaft könne das Unternehmen in Pasewalk wieder ein „starkes, breit aufgestelltes und wirtschaftlich gesundes Krankenhaus auf die Beine stellen“.