Schöffengericht in Pasewalk

Drogen an Minderjährige verkauft – Anklamer vor Gericht

Pasewalk / Lesedauer: 3 min

Philipp W. ließ zwei Teenager an seiner Drogen-Wasserpfeife ziehen, verkaufte auch Marihuana an Jugendliche. Vor dem Schöffengericht Pasewalk ist ihm jetzt der Prozess gemacht worden.
Veröffentlicht:31.03.2021, 05:45

Von:
  • Holger Schacht
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Philipp W. (24) macht einen patenten und gefestigten Eindruck. Mit dicker Brille, die Haare als Pferdeschwanz gebunden und mit schwarzer Krawatte um den Hals sitzt er auf dem Stuhl des Angeklagten. Sein äußeres Erscheinungsbild passt so gar nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg. Die klagte den jungen Mann aus Anklam vor dem Schöffengericht Pasewalk an, gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen, Drogen an Minderjährige verkauft – und es auch mit ihnen konsumiert zu haben.

„Was die Staatsanwältin sagt, stimmt. Ich war damals dauerhaft betäubt, nicht mehr Herr meines Lebens, will dafür jetzt die Verantwortung übernehmen“, sagt Philipp W. gleich zu Verhandlungsbeginn. Ab dem Jahr 2018 war es mit ihm steil bergab gegangen. Wegen des Todes seines Vaters, so der Angeklagte, sei er in Depressionen verfallen, habe durch Krankschreibungen seinen Job verloren, täglich Marihuana geraucht und sich ständig mit Rotwein und Rum vollgeschüttet.

Ein Zug, und dann wurde alles schwarz

Im April 2019 kam es schließlich zum Treffen mit zwei Jugendlichen. Das eine Mädchen war zu diesem Zeitpunkt 16, das andere erst 15. Beide angeheitert durchs Einkippen von Kokos-Likör. „Wir trafen uns an der Peene, beschlossen dann, in meine Wohnung zu gehen“, beschreibt Philipp W. den Beginn des Abends. Übers Alter der Mädchen will er damals nichts gewusst haben. „Heute sind wir dicker“, geben beide vor Gericht zu Protokoll. „Damals sahen sie sehr viel jünger aus“, bezeugt ein Polizist. „Wir waren beste Freundinnen und neugierig, wollten was Neues ausprobieren“.

Philipp W. zündete damals die Wasserpfeife mit Marihuana an, und „dann fragte eines der Mädchen, ob es mitrauchen dürfe. Ich gab ihr die Pfeife.“ Die ältere Jugendliche nahm nur einen Zug. „Plötzlich saß sie nur noch da, zeigte keine Regung mehr“, beschreibt Philipp W. die Szene. „Mir wurde schwindelig, schwarz vor Augen. Erst der Notarzt machte mich wach. Die Nacht verbrachte ich am Tropf im Krankenhaus“, berichtet das Drogenopfer: „Meine Freundin hat auch an der Pfeife gezogen“, erinnert sie sich.

„Am selben Abend verkaufte ich einem Bekannten ein Gramm Marihuana“, gesteht Philipp W. Der Käufer war ebenfalls erst 16. „Mir ist klar, dass beim Konsum oder Verkauf von Drogen keine Personalpapiere mit Altersangaben gezeigt werden. Haben Sie sich über das Alter der Mädchen keine Gedanken gemacht?“, wird Philipp W. von Amtsrichter Gerald Fleckenstein gefragt. „Wenn ich das Alter gewusst hätte, hätte ich denen nichts gegeben“, verteidigt sich der nicht vorbestrafte Angeklagte und gibt damit indirekt zu, die Gesetzeslage zur Tatzeit gekannt zu haben.

Bewährungsstrafe und Geldbuße

So sieht es auch die Staatsanwältin, spricht von einem „minderschweren Fall“. Sie fordert dennoch eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf drei Jahre Bewährung, zusätzlich eine Geldbuße von 1.500 Euro. Die Pflichtverteidigerin von Philipp B. gibt in ihrem Plädoyer zu bedenken: „In dem Alter können sich Mädchen älter erscheinen lassen. Sollte mein Mandant dennoch verurteilt werden, plädiere ich dafür, dass er nicht in Haft muss.“ Auch, weil sich Philipp B. inzwischen wieder gefangen hat. Er jobbt als Verkäufer im Supermarkt, lässt nach eigenen Angaben die Finger vom Suff und weitestgehend auch von den Drogen.

Das Schöffengericht um Amtsrichter Gerald Fleckenstein verurteilte Philipp W. zu acht Monaten auf zwei Jahre Bewährung. Zudem muss er eine Geldbuße von 1.500 Euro an den Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr zahlen. Philipp W. nahm das Urteil lächelnd an.

Das Verhältnis der beiden Ex-Freundinnen ist seit der Tatnacht unterkühlt. „Die ist sauer, dass ich sie im Krankenhaus nicht besucht habe“, sagt die eine über die andere.