Amtsgericht Pasewalk

Ex-Freundin mit Psycho-Terror zum Sex genötigt

Pasewalk / Lesedauer: 4 min

Ist Beate T. von ihrem Ex-Freund Sandro F. zum Sex gezwungen oder genötigt worden? Vor Gericht konnte auch Einvernehmlichkeit nicht ausgeschlossen werden.
Veröffentlicht:06.02.2021, 10:08

Von:
  • Holger Schacht
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Mit einem Bein stand Sandro F. (41) schon im Knast. Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Nachstellung warf ihm die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg vor, die zuständige Staatsanwältin forderte vorm Schöffengericht in Pasewalk eine Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten.

Dass es für ihn nicht so schlimm gekommen ist, verdankt Sandro F. den Aussagen seines Opfers, Ex-Freundin Beate T. (38, Name geändert). Die hatte sich im Jahr 2014 verliebt in den kräftig-bulligen Mann, der vom Typ her durchaus als „Bad Boy“ durchgehen dürfte.

Er schickte ihr Bilder von Messern und Waffen

Sandro F. ist keiner, mit dem man sich gerne anlegt, wirkt auf den ersten Blick grimmig, ist tätowiert und soll Mitglied einer berüchtigten Motorrad-Truppe sein, was im Verlauf des Prozesses allerdings keine weitere Rolle spielte. Stattdessen ging es um den Psycho-Terror, mit dem er die Anklamerin zwischen Juli und Oktober 2018 unter Druck setzte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Beate T. von ihm getrennt. Er war bereits aus der gemeinsamen Wohnung in Anklam ausgezogen. Dennoch kam es zum Gelegenheits-Sex, den sie dann aber nicht mehr wollte.

Danach tönte ihr Smartphone teilweise im Minutentakt. Sandro F. terrorisierte Beate mit Droh-SMS, verlangte Geschlechtsverkehr und stellte schriftlich in Aussicht: „Wenn du noch einmal mit mir schläfst, lasse ich dich in Ruhe.“ Doch dieses Versprechen hielt er nicht.

Dreimal noch ließ sich Beate auf ihn ein. Aus Angst, er könne ihr Auto beschädigen, sie in Gefahr bringen. Sandro F. schrieb Sätze wie „Ich habe mir schon die Zange zurechtgelegt“, „Fahr vorsichtig, schau mal unters Auto“, „Reden wir noch mal, oder soll ich dich wegschaffen?“. Dann schickte er Bilder von Messern und Waffen. Einmal hieß es nur „Schnipp-Schnapp“.

Paar versöhnte sich 2019 überraschend

„Ich hatte Panik vor durchschnittenen Bremsschläuchen“, sagte Beate T. unter Tränen vor Gericht. Beim dritten Geschlechtsverkehr habe sie ebenfalls geweint und ihrem Ex-Freund gesagt, er behandele sie „menschenunwürdig“. Später gab sie bei der Polizei zu Protokoll: „Er tat so, als würde er das verstehen und es ebenso empfinden. Aber ich glaube, er hat das nicht verstanden.“

Eine Polizistin sagte als Zeugin vor Gericht: „Bei der Befragung stellte sich heraus, dass die Frau nicht so recht kommuniziert hatte, dass sie keinen Sex mehr mit ihm wollte.“ Stattdessen ging Beate T. damals durch die Hölle: „Ich war nervlich am Ende, hatte Schlafstörungen, Albträume, bei jedem Motorradgeräusch Panikattacken. Hatte Angst, dass ich ihm über den Weg laufe, und ging deshalb kaum noch raus.“ Trotz Strafanzeige machte Sandro F. mit seinen Drohungen weiter, schrieb: „Wenn du denkst, durch die Bullen hast du Ruhe, liegst du falsch.“

Im Jahr 2019 nahm das zerrüttete Verhältnis eine überraschende Wende. Das Paar versöhnte sich, ging später nach wenigen Monaten einvernehmlich und endgültig wieder auseinander. In dieser Phase zog Beate T. ihre Strafanzeige zurück, sagte vorm Schöffengericht als Zeugin mit Blick zum Angeklagten: „Er hat sich entschuldigt. Ich will nicht, dass er bestraft wird.“

Wegen sexueller Nötigung verurteilt

Was Matthias Jox, der Pflichtverteidiger von Sandro F., ähnlich sah: „Wir haben hier kein klassisches Täter-Opfer-Bild. Es gab einvernehmliche Treffen. Ich habe meine Zweifel, dass mein Mandant wusste, dass sie keinen Sex mehr wollte.“ Schließlich wolle selbst Beate T., so der Rechtsanwalt, dass „am liebsten der Aktendeckel ohne Verurteilung dicht gemacht“ werde. „Aus diesen Gründen beantrage ich Freispruch“, plädierte der Strafverteidiger für den im Prozessverlauf schweigenden Angeklagten.

Amtsrichter Gerald Fleckenstein sah im Urteil den Vorwurf der Vergewaltigung nicht erfüllt, verurteilte den nicht vorbestraften Sandro F. wegen sexueller Nötigung und Nachstellung dennoch zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf drei Jahre Bewährung. „Der Angeklagte wollte der Zeugin eindeutig Angst machen. Das Opfer hat allerdings zum Geschlechtsverkehr nicht ‚Nein‘ gesagt“, stellte Fleckenstein fest. Ins Urteil floss mit ein, dass Sandro F. trotz Anzeige bei der Polizei Beate T. weiter belästigt hatte. Der Amtsrichter empfand das als „besonders dreist“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.