Wiekhäuser
Fast schon Luxus, wie die Ururur-Pasewalker lebten
Pasewalk / Lesedauer: 3 min

Angela Stegemann
Pasewalks Stadtmauer war einmal mehr als vier Meter hoch, vergleichbar mit denen in Neubrandenburg oder Prenzlau. Alle 20 bis 25 Meter befand sich ein Wiekhaus! Die Augen von Stefan Rahde und Thomas Hoche glänzen vor Begeisterung! Die beiden graben derzeit im Auftrag des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege in Pasewalks Kürassierpark an der Stadtmauer. Das Bauwerk, dem die Feuchtigkeit zu schaffen macht, soll saniert werden.
„Dass wir etwas finden, haben wir ja schon geahnt. Aber nun das!“, Thomas Hoche kann es immer noch nicht glauben. Die Fundamente der Stadtmauer wurden nicht einmal freigelegt. Doch schon jetzt ist die Stadtmauer mehr als vier Meter hoch. Ungefähr die Hälfte nur ragte bisher aus dem Boden. Aber das Schönste: In regelmäßigen Abständen wurden mehr oder minder gut erhaltene Fundamente von Wiekhäusern freigelegt. Das bestärkt die Annahme von Historikern, dass es in der Stadt einmal rund 65 solcher Wehrbauten gab. Angelika Schwebs vom Landratsamt sieht sich aufgeschichtete Dachziegel an. „Diese sogenannten Nonnen belegen, dass die Wiekhäuser ein richtiges Dach hatten“, sagt sie.
Vorfahren gingen nicht zimperlich mit Historie um
Doch Mitte des 19. Jahrhunderts hatten unsere Vorfahren keinen Sinn mehr für die Reste von Wiekhäusern und sanierungsbedürftigen Stadtmauern. Zahlreiche Grünanlagen entstanden, so auch der Casinopark. Friedrich Ludwig Mecklenburg, Rittmeister der Pasewalker Garnision, ergriff die Initiative für die Gestaltung des Geländes. Dort eingebettet wurde das Casino des Kürassier-Regimentes „Königin“. 1869 waren Offiziercasino und Park fertig. Um alle Vorstellungen von einem schön gestalteten Gelände verwirklichen zu können, gingen unsere Vorfahren nicht zimperlich mit den steinernen Zeugen Pasewalker Geschichte um. Das Gelände an der Stadtmauer wurde meterweise aufgefüllt mit allen möglichen Materialien. Dabei fand man jetzt sogar die Reste schlecht gebrannter Ziegel wie sie an vielen Stellen in der Stadt, beispielsweise am Kiek in de Mark oder am Prenzlauer Tor ausgegraben wurden, erzählt Stefan Rahde.
Einfach wieder zubuddeln?
Was passiert nun mit den vielen Zeugen Pasewalker Geschichte? Wenn die Fundamente der Wiekhäuser nach dem Trockenlegen der Mauer wieder zugeschüttet werden, bleiben sie für die Nachwelt erhalten, sagt Stefan Rahde. Damit verschenkt die Stadt sich aber etwas, argumentiert Thomas Hoche. Mindestens die Reste des am besten erhaltenen Wiekhauses sollten seiner Ansicht nach sichtbar bleiben. So sieht das auch Angelika Schwebs. Sie will jetzt Kontakt zu den Verantwortlichen der Landesbehörde aufnehmen.
Museumstag als Gelegenheit zur Besichtigung
Die Pasewalker können sich die Zeugnisse ihrer Geschichte Sonntag am Museumstag ansehen. Um 11 und 14 Uhr gibt es jeweils Führungen über das Gelände. Treff ist am Museum.
Dann wird sie wieder aufflammen, die nach der Wende entstandene Diskussion. Da war unter dem damaligen Bürgermeister Wilfried Sieber (CDU/Bürgermeister bis 2002) versucht worden, ein Wiekhaus wieder aufzubauen. Das Ganze scheiterte daran, dass niemand wusste, wie sie aussahen. Ein hässliches Modell aus Holz wurde abgelehnt. Ob es jetzt neue Visionen für die Stadt gibt?