Deutsch-polnische Aktion
Grenzenlos offene Gärten und Häuser in Dobra und Blankensee
Blankensee / Lesedauer: 4 min

Susanne Böhm
In Blankensee herrschte weltoffene Stimmung. Auf der Dorfstraße trainierten am Wochenende scharenweise Radsportler und Läufer aus Polen. In Gärten und Häusern unterhielten sich Deutsche und Polen über Pflanzen oder bastelten Gestecke aus Blumen und Muscheln. „Das ist hier immer so. Was denken Sie, was hier immer los ist!“, sagte Alfons Heimer, der seit 2006 das ehemalige Pfarramt in Blankensee besitzt.
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Zumindest die polnischen Radrennfahrer und die Bastelrunden seien an Wochenenden nichts Ungewöhnliches. „Wir sind hier Metropolregion.“ Die Millionenstadt Stettin liege gerade einmal 20 Kilometer entfernt, keine zehn Kilometer liegen zwischen Blankensee und der großen Gemeinde Dobra. „Natürlich macht sich das hier bemerkbar, das vergessen nur immer alle. Was denken Sie, was hier alles möglich wäre, wenn die Politiker mal etwas tun würden!“, sagt der 72-Jährige, der fließend polnisch spricht.
Volksfest mit Öko-Schwerpunkt
Am Sonnabend und Sonntag ging es weniger um Politik, als vielmehr ums Feiern und Pflanzen. Die Partner-Gemeinden Dobra und Blankensee veranstalteten ein grenzüberschreitendes Wochenende der offenen Gärten. Am Sonnabend wurde in Polen ein Volksfest mit Schwerpunkt ökologische Lebensweise gefeiert, am Sonntag traf man sich in Polen, Blankensee und Pampow zur Besichtigung von Privatgärten. Während seine Frau Sigrid Gundlach im Haus mit deutschen und polnischen Freundinnen Tisch-Deko bastelte, führte Alfons Heimer Hobbygärtner aus Polen und Deutschland über sein Grundstück, auf dem neben Linden und Buchen vor allem Obstbäume gedeihen. Erdbeeren, Kartoffeln und Zwiebeln wachsen in Gemüsebeeten, zwei Bienenstöcke stehen zwischen Robinien. Blumenbeete spielen auf seinem Gehöft eine Nebenrolle.
Ein Wald im Garten hinterm Haus
Die sind auch ein paar Gärten weiter in der Unterzahl. Stattdessen sind Heinz und Eugen Schenkowitz unter die Hobbyförster gegangen und haben einen Wald gepflanzt. Rund 450 Baumarten stehen auf 5000 Quadratmetern. Mindestens 800 Bäume werden es sein, schätzt Eugen Schenkowitz. Gezählt habe er nicht. Den ersten habe sein Vater vor 20 Jahren gepflanzt. „Vorher war hier kein einziger Baum.“ Die Begeisterung für Pflanzen stecke in der Familie. „Der Bruder meines Vaters war Gärtner. Er wohnte direkt gegenüber.“ Obwohl seine Baumsammlung einem Lernort für Schulklassen gleicht und ein Ausflugsziel wie ein botanischer Garten sein könnte, lässt der 52-Jährige nur selten Fremde hinein. Er und sein Vater pflegen den Wald zum eigenen Vergnügen. Am Sonntag machte er aber eine Ausnahme, die vor allem bei polnischen Besuchern gut angenommen wurde. Gießen müssen sie viel auf dem trockenen Boden. Ansonsten sei der Wald einigermaßen pflegeleicht, sagt Eugen Schenkowitz. Kein einziger schnöder Baumarkt-Baum sei dabei. Er kaufe ausschließlich bei Baumschulen oder Gartenmessen – und zwar natürlich in Polen.
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„Die Polen können viel besser feiern”
Seit 1990 pflegen die Gemeinden Blankensee und Dobra mal mehr, mal etwas weniger intensiven Kontakt, sagt Alfons Heimers. Er selbst habe jahrelang in Polen gearbeitet und gelebt, sei in Stettin beim internationalen Corps der Bundeswehr tätig gewesen. Nur schwer könne er sich erklären, warum es vor allem auf deutscher Seite immer noch Menschen mit Berührungsängsten gibt. „Das ist nicht nur die Sprachbarriere. Das sind auch viele Vorurteile.“
Sehr gern lebe er unmittelbar an der Grenze. Die mache sich in der Gegend nämlich kaum bemerkbar. Viele Häuser in Blankensee würden Polen gehören. „In den Kindergärten in Rothenklempenow und Löcknitz wachsen deutsche und polnische Kinder ganz selbstverständlich zusammen auf.“ Lange habe es gedauert, aber mittlerweile sei das „endlich“ ganz normal. „Ich würde im Traum nicht auf die Idee kommen, zum Einkaufen nach Pasewalk oder sogar Neubrandenburg zu fahren, wie es manche Leute machen. In Stettin gibt es unendlich viel mehr Möglichkeiten. Außerdem können die Polen viel besser feiern.“
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