Deutsche Bahn
Hunderte Reisende stranden in Vorpommern am Bahnhof ohne Klo
Pasewalk / Lesedauer: 4 min

Susanne Böhm
Das Bahn-Chaos, das immer wieder auch auf Strecken im Nordosten ausbricht, macht vor Pasewalk nicht Halt. Am Freitag, am Wochenende und auch am Montag strandeten auf dem Pasewalker Bahnhof Reisende, die nach dem Urlaub an der Ostsee Dank des Deutschland-Tickets mit dem Zug der Linie RE3 von Stralsund oder der Insel Usedom über Pasewalk Richtung Berlin wollten.
Wegen Bauarbeiten zwischen Pasewalk und Angermünde müssen in Pasewalk alle aus- und auf Ersatzbusse umsteigen, teilt die Deutsche Bahn über ihre App, den DB-Navigator, mit. Was so einfach klingt, funktioniert in der Praxis jedoch nur bedingt.
Viele mussten auf nächsten Bus warten
„Hunderte Reisende sammelten sich am Sonntag alle zwei Stunden auf dem Bahnhofsvorplatz von Pasewalk, nachdem der Zug aus Stralsund dort endete“, berichtete der NDR. Die Busse hätten für all die Menschen einfach nicht ausgereicht. „Die Folge: Viele mussten auf den nächsten Bus warten. Die Gestrandeten beschwerten sich unter anderem darüber, dass sich von der Deutschen Bahn keiner um sie gekümmert habe. Außerdem funktionierten die Toiletten im Bahnhofsgebäude nicht.“
Letzteres ist Dauerzustand, wie ein Bahnsprecher am Montag auf Nachfrage mitteilte. Auch die Wartehalle ist verschlossen. Die Bahnhofsuhr steht sowieso schon lange still. Das Problem sei umfassend und lasse sich nicht einfach im Klo hinunterspülen. „Das Gebäude wurde 2016 verkauft und 2018 noch mal versteigert. Der aktuelle Eigentümer ist nicht zu erreichen. Daher sucht die DB gemeinsam mit der Stadt Pasewalk nach einer zukunftsfähigen Lösung.“ Der Sprecher betonte: „Ein Ergebnis ist hier aber nicht zeitnah zu erwarten, da der Sanierungsstau des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes erheblich ist.“ Alle Versuche, mit dem Eigentümer Kontakt aufzunehmen, seien gescheitert.

Bahnhof gehört gar nicht der Bahn
„Es ergeben sich also große monetäre und rechtliche Hürden. Derzeit befinden sich noch Ausstattungselemente der Deutschen Bahn in der Eingangshalle des Gebäudes. Hier wird aber der Rückbau geprüft, weil seitens des Eigentümers derzeit weder Reinigung noch Reparaturen erbracht werden“, erklärte der Sprecher. „Die DB reinigt schon auf eigene Kosten den vorderen Bereich und beseitigt auch Havarien teils auf eigene Kosten. Es entsteht also der Eindruck einer DB-Liegenschaft, die sie aber nicht ist.“
Als Wirtschaftsunternehmen bedauere man die Situation, werde aber nicht mehr tun. Abgesehen von dem Haus an sich sei „die Verkehrsstation“, also Schienen, Gleise und Signalanlagen, nämlich in einem guten Zustand. Der Haltepunkt mit täglich rund 1500 Gästen sei in die Kategorie Vier eingestuft worden. „Die Ausstattung ist entsprechend limitiert.“ Sprich: Die Bahn ist nicht verpflichtet, in Pasewalk Toiletten oder eine Wartehalle vorzuhalten. Das Unternehmen handele wirtschaftlich und biete nur dort Toiletten an, wo es muss. „Der Eigentümer hat auch kein Interesse daran, dort Toiletten zu betreiben“, sagte der Sprecher.
Gegen Klo–Tür gepinkelt
Was Passagiere von dem Zustand halten, hat einer ganz deutlich gezeigt – indem er gegen die verschlossene Toilettentür pinkelte. Der neue Eigentümer des Bahnhofs ist nach Nordkurier-Informationen ein in Süddeutschland lebender Mann aus der Türkei.
Zur Situation auf den Schienen sprach die Bahn gegenüber dem NDR von „stabilem Verkehr“. Ein Sprecher teilte dem Sender mit, „dass man das hohe Reiseaufkommen zum Ferienende in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein erwartet“ habe.

Bald ist sogar schon in Jatznick Schluss
Das Umsteigen auf Ersatzbusse bleibt Reisenden auf der Linie RE3 jedenfalls noch eine Weile erhalten, weitet sich laut Ankündigung der Bahn sogar noch aus. So müssen Fahrgäste ab Mittwoch, 30. August, um 4.30 Uhr bis Sonnabend, 2. September, um 2.15 Uhr, aus Richtung Stralsund oder Usedom kommend nämlich schon in Jatznick raus, wo es ebenfalls keine Toiletten gibt.
Im Bus fahren sie dann über Pasewalk nach Prenzlau, wo ein neuerlicher Umstieg Richtung Angermünde notwendig wird – nämlich auf die Regionalbahn 62. Bis zum 6. September bleibt die Bus-Lösung bestehen, was danach kommt, weiß vielleicht der Heilige Christophorus als Schutzpatron der Reisenden.
