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Bürgermeister von Bergholz

Nazi-Parolen auf Dorffest: „Für alle Welt sind wir jetzt die Rechten“

Bergholz / Lesedauer: 3 min

Weil dort ausländerfeindliche Parolen gesungen wurden, hat das Erntefest im vorpommerschen Bergholz Wellen geschlagen. Der Bürgermeister und die Organisatoren distanzierten sich.
Veröffentlicht:14.11.2023, 05:38

Von:
  • Fred Lucius
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Als Leiterin der Heimatstube heftet Kerstin Werth alle Zeitungsartikel über Bergholz ab. Doch den Beitrag vom vergangenen Freitag hätte sie am liebsten nicht in den Ordner getan. Zu lesen war da von Personen, die beim Erntefest im Dorf am 14. Oktober zu einem Partyhit ausländerfeindliche Parolen grölen. „Danach gab es einen Spießrutenlauf für die Gemeinde“, erzählt Kerstin Werth.

Gemeinde hat den Vorfall ausgewertet

Am Wochenende sei der Vorfall ausgewertet worden. Die Gemeindevertreter, der Bürgermeister und die Organisatoren distanzieren sich aufs Schärfste, teilen Bürgermeister Ulrich Kersten und Kerstin Werth als 1. Stellvertretende Bürgermeisterin und Mit-Organisatorin des Festes nun mit. Damit sei Bergholz verunglimpft worden. Der Ort sei nicht rechtsradikal.

„Lassen uns nicht unser Fest kaputtmachen" 

Die in dem Video gefilmten zehn oder zwölf Personen würden nicht die Meinung der Mehrheit in Bergholz widerspiegeln. Man hoffe, dass die Staatsanwaltschaft die beteiligten Personen identifizieren könne und einer gerechten Strafe zuführe. Die Personen in dem Video stammen Kersten zufolge nicht aus Bergholz, einige kämen aus dem Nachbarort Rossow. „Als Bürgermeister werde ich für die identifizierten Personen bei weiteren, von der Gemeinde Bergholz organisierten Feste und Veranstaltungen einen Platzverweis und ein Hausverbot aussprechen. Wir Bergholzer lassen uns nicht durch dieses rechtsradikale Verhalten dieser grölenden Herde unsere Feste kaputt manchen.“

Bürgermeister: Wir müssen den Schlamassel nun ausbaden

Ein Teil der Gäste habe an dem Abend die gesungenen Parolen „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ mitbekommen, sagt Kerstin Werth. Zu diesem Zeitpunkt seien Halle und Tanzfläche voll gewesen. Sie selbst habe nichts mitbekommen, auch die Ordner hätten nach eigenen Angaben nichts Derartiges gehört. Den Diskotheker habe man nicht befragen können, er sei nicht zu erreichen.

In der so genannten Andreashalle feiern die Bergholzer schon seit Jahren ihre Erntefeste. (Foto: Fred Lucius)

„Für alle Welt sind wir jetzt die Rechten. Aber das sind wir nicht. Wir müssen den Schlamassel nun ausbaden. Über unser ansonsten schönes Fest und den tollen Umzug spricht jetzt niemand mehr“, sagt Bürgermeister Kersten. Diejenigen, die das skandiert hätten, führen auch nach Polen zum Einkaufen oder arbeiteten nach Norwegen. Dort seien sie auch Ausländer.

Nie Ärger mit polnischen Familien

In Bergholz lebten etwa zwölf polnische Familien. Mit denen habe es nie Ärger gegeben. Die Gemeinde lade sie zu allen Festen und Veranstaltungen ein, sagt der Bürgermeister. Es gebe viele Bürger, die mit der großen Politik in Berlin nicht zufrieden sind.

Ein Erntefest nur für die Bergholzer ist für Kersten zufolge keine Option. Man könne doch künftig niemandem aus den Nachbarorten verbieten, sich den Umzug anzusehen oder in der Halle zu feiern.