Pasewalker Pastor schreibt Song gegen Rechts
Pasewalk / Lesedauer: 3 min

Wer die ersten Verszeilen der jüngsten Komposition der Pasewalker Band „Stop and Go“ liest, der kann sie sofort einordnen: „Schon wieder ist Montag, schon wieder ist Abend, schon wieder ist Spaziergänger-Zeit. Bewaffnet mit Kerzen und Fahnen und Galgen macht ihr euch auf Plätzen und Straßen breit...“
Entstanden sind diese ersten Zeilen im Herbst und Frühjahr 2014/15. In Dresden bestimmten die Pegida-Demos das Bild, weil sich Deutschland den Flüchtlingen geöffnet hatte. „Die Demonstrationen, die aufkommenden ‚Spaziergänge‘ waren für mich beunruhigend und beklemmend. Damals wurde sehr deutlich, dass das rechtsradikale Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. In den Demos selbst Mütter mit Kinderwagen... Das alles hat mich sehr bewegt, gerade auch, weil wir uns hier in Pasewalk für die Flüchtlinge eingesetzt haben“, erinnert sich Pfarrer Dr. Johannes Grashof an die zurückliegende Zeit. Damals fasste er spontan den Entschluss, die Situation künstlerisch zu verarbeiten. Als Mitglied der Band Stop and Go und in Text und Musik. Heraus kam ein „ziemlicher Brocken“, wie es sein Band-Kollege Dietmar Wohlgemuth ausdrückt.
Premiere bei der Mahnwache
Da so ein Werk inhaltlich und in diesem Fall auch politisch gemeinsam getragen werden muss, entbrannte in der Band eine interne Debatte über Inhalt und Form. Text und Musik wurden nach solchen Diskussionen überarbeitet und verfeinert. Zeitweise ruhte alles. Die brennende Aktualität des Themas Fremdenfeindlichkeit, die in den Pegida-Demos ihren Ausdruck fanden, bestätigte sich im Februar 2020 mit dem Anschlag in Hanau: Neun Menschen mit Migrationshintergrund wurden dort vor einer Shisha-Bar, einem Kiosk und einer Bar ermordet. „Von dem Ereignis betroffene Pasewalker und Politiker organisierten am 1. März auf dem Marktplatz eine Mahnwache, unsere Band ‚Stop and Go', wurde gebeten, diese mitzugestalten“, berichtet Grashof. Dort trug die Band erstmals das Lied, das den Titel „Spaziergänger“ trug, vor.
Teilnehmer der Mahnwache, darunter Vorpommern-Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD), waren beeindruckt. Noch am Tag der Mahnwache diskutierten Musiker und Teilnehmer der Mahnwache, dieses Lied aufzunehmen und zu verbreiten.
Auch das Video ist fast fertig
Als Partner konnten in der Zeit danach unter anderem das Tonstudio Kirchbauer Klangkonzept für die Studioaufnahmen und für eine Video-Produktion sowie Sänger, darunter Mitglieder der Familie Grashof, für Acapella-Einfügungen gewonnen werden. CD und Lied sollten noch im Herbst 2020 die Pasewalker während des Drachenfestes erreichen. Wegen der Pandemie fiel das allerdings ins Wasser. An dem Musikvideo wurde trotzdem weitergearbeitet, so dass es jetzt weitgehend fertig ist. Die Musiker streifen darin durch Pasewalk und begegnen Stadtgeschichte.
Das Lied ist, so sagt Dr. Johannes Grashof, ein Bekenntnis nicht nur der Stadt, sondern auch des Landes zur Vielfalt. So endet auch der Text: „Unser Land ist bunt, unser Land ist offen. Es hat Platz für Kirchen, Synagogen, Moscheen. Wer Schutz sucht, darf auf Menschlichkeit hoffen. Wenn euch das nicht passt, dann könnt ihr ja gehen!“ Die Band hofft, dass die Musik auch bald bei Festen und Veranstaltungen gehört werden kann. Ab März ist das Video im Internet abrufbar.