Nach positivem Test

Penkuner erlebten Schock einer Corona-Infektion

Penkun / Lesedauer: 5 min

Vor vier Wochen legte die Corona-Pandemie das Penkuner Pfarramt lahm. Das Virus infizierte Einwohner im Alter von 49 bis 80 Jahren, die das Amt betreten hatten oder dort arbeiten. Wie geht es heute den Betroffenen? Der Nordkurier sprach mit den Betroffenen.
Veröffentlicht:18.01.2021, 06:57
Aktualisiert:06.01.2022, 21:37

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Es ist glatt draußen, und Ursula Secker weiß, wie sie für mehr Halt sorgen kann: Die Seniorin greift zum „Stock“. Mit der Gehhilfe ist die 80-jährige Penkunerin trotz der dünnen Schneedecke flott unterwegs. Kaum zu glauben, dass die Dame vor rund vier Wochen zu den Betroffenen in Penkun gehörte, die das Corona-Virus erwischt hatte. Ihre Augen sind hellwach, sie hat ein Lächeln im Gesicht.

Pfarrer informierte Gemeinde über Infektion

Mitte Dezember hatte Ursula Secker Kontakt zum Pfarramt. Genau in jener Woche, als sich die Frau des Pfarrers nicht wohl fühlte. Der Corona-Test fiel positiv aus. Positiv fiel dann auch am 11. Dezember der Test des Pfarrers und weiterer Personen aus – und Ursula Secker mittendrin. Am 12. Dezember informierte der Pfarrer via Facebook seine Gemeinde über die Infektion. „Auch ich musste in Quarantäne“, berichtet die Seniorin. Sie war positiv. „Ich hatte allerdings keine Probleme, versorgt hat mich meine Tochter. Alles gut“, sagt sie sehr bestimmt. Und wenn sie ihren Bescheid zur Impfung erhalte, dann wolle sie diese auch wahrnehmen. „Ja. das gehört dazu“, sagt sie.

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Mit 49 Jahren war Pfarramtsmitarbeiterin Viola Grudzinski die Jüngste aus dem engeren Umkreis des Pfarrers, die Covid-19-positiv getestet wurde. „Die Nachricht regte mich dann schon auf, ich war erschrocken und hatte auch Angst“, gesteht die Penkunerin ein. Zehn Tage, bis Weihnachten, habe sie sich in Quarantäne befunden. „Ich bezog die Pilgerwohnung im Pfarramt“, berichtet sie. „Mit etwas Schnupfen habe ich immer mal zu tun. Aber auf die Corona-Infektion hat mein Körper nicht reagiert. Ich hatte keine Reaktionen“, stellt sie noch immer mit etwas Erstaunen fest. Mitglieder der Familie hätten sie im Pfarrhaus versorgt. „Ich habe dort sogar einige Arbeiten erledigen können“, erzählt sie. Mit seinen 79 Jahren gehörte auch Hans Wieland zu jenen, die sich wegen der Infektion in Quarantäne begeben mussten.

Pfarrer fühlte sich diskriminiert

„Ich habe mich die ganze Zeit über gut gefühlt, keine Anzeichen einer Schlappe gefühlt“, erzählt er. „Für mich das Schlimmste an der ganzen Sache war im Nachgang das Gerede der Anderen. Guck mal, da ist er. Er hat es ... Diese Diskriminierung habe ich wirklich als schlimm empfunden. Dabei können sich die Leute gar nicht sicher sein, ob nicht auch sie in den kommenden Wochen die nächsten Infizierten sind.“ Völlig andere Erlebnisse schildert Holger Engelmann (61). Der Mann ist groß gewachsen, wer ihn kennt, der dachte immer: Der strotzt ja vor Gesundheit! Den haut nichts um. Auch ihn erreichte am 12. Dezember die Nachricht von den positiven Testergebnissen im Umfeld des Pfarrers. Da er zu den Kontaktpersonen gehörte, traf sehr bald eine Aufforderung des Gesundheitsamtes ein, sich testen zu lassen. Das Ergebnis lag 24 Stunden später vor: positiv.

Alle Pasewalker Covid-19-Betten belegt

Das Hotel, in dem Holger Engelmann tätig ist, musste sofort geschlossen werden. Die Familie begab sich in Quarantäne. Erst Tage später, immer unter Beobachtung einer Ärztin, fühlte sich der Mann schlecht. Schüttelfrost und Kreislaufprobleme kamen auf. Holger Engelmann verharrte im Bett, jeglicher Appetit war ihm vergangen. „Meine Frau hingegen zeigte wiederum keine Symptome.“ Am 21. Dezember fühlte er sich so schlecht, dass er mit dem Rettungstransportwagen ins Schwedter Krankenhaus gebracht wurde. Schwedt deshalb, weil in Pasewalk alle Covid-19-Betten bereits belegt waren.

Auch Schwedter Krankenhaus wies Patienten ab

Was er in Schwedt dann sah, war für ihn schon schockierend: „15 bis 20 Rettungswagen standen Schlange und wollten zur Aufnahme vorfahren. Sie wurden jeweils in Fünfer-Gruppen vorgelassen. Ein Arzt checkte uns: Wie fühlen sie sich? Wie ist die Atmung? Können sie noch allein atmen: Tirage! Der Arzt wog am Eingang ab, wer ins Krankenhaus darf und wer nicht. Mit einer solchen Situation hatte der Penkuner überhaupt nicht gerechnet. Obwohl er sich allgemein schlecht fühlte, die Atmung, wenn auch eingeschränkt, funktionierte, lehnte der Arzt seine Aufnahme in die Klinik ab. Holger Engelmann wurde wieder nach Hause gebracht. „Können Sie sich vorstellen, was das für ein Gefühl ist ...?“ Erst nach elf Tagen zu Hause ans Bett gefesselt und immer wieder um Luft ringend, verbesserte sich sein Zustand. „Alles ohne Medikament, die gibt es ja noch nicht.“ Eine gewisse Schwäche und Kraftlosigkeit, so Holger Engelmann, fühle er noch immer. Aktuell laufen die Nachuntersuchungen, mit Röntgen und dem vollen Programm.

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Penkuns Pfarrer Bernhard Riedel, der seine Infektion ohne große Probleme überstand, ist froh, dass alle die Infektion überstanden haben. Ja, sagt er, er kenne die Diskussionen um die Ursache der Infektion in der Stadt, die auch er nicht abschließend beantworten könne. „Ich bin dankbar dafür, dass es keine Todesfälle gab. Und es wird, da bin ich zuversichtlich, wieder ein Leben nach Corona geben. Wir sollten nach vorne schauen.“