Tariflohn

Penkuns Altenpfleger bekommen mehr Geld

Penkun / Lesedauer: 4 min

Nach zähem Ringen gibt es nun 40 bis 60 Euro mehr für die Mitarbeiter des Pflegedienstes Abendsonne. Die Krankenkasse will bislang nicht so richtig zahlen. Darum springt die Stadt erst mal ein.
Veröffentlicht:06.10.2022, 17:52

Von:
  • Susanne Böhm
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Altenpfleger in Penkun bekommen etwas mehr Geld – 40 bis 60 Euro netto im Monat, nach zähem Ringen und finalem Beschluss der Stadtvertreter am Mittwochabend.

Simone Brüssow, Leiterin des Senioren- und Pflegeheims Abendsonne, hatte vor der Stadtvertretersitzung einen entsprechenden Antrag eingereicht und selbst bei dem Gremium vorgesprochen. Hintergrund war das neue Gesundheitsförderungsweiterentwicklungsgesetz der Bundesregierung, wonach alle Pflegekräfte seit dem 1. September nach Tarif bezahlt werden müssen. Problem: Während nach Auskunft von Simone Brüssow alle anderen Kranken- und Altenpfleger in Mecklenburg-Vorpommern seither entsprechend vergütet werden, habe die AOK Nordost bislang nur für die Hälfte ihrer Mitarbeiter die Zustimmung erteilt.

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Zuversichtlich, dass Einigung kommt

Sie gehe davon aus, dass das Problem in Kürze geklärt wird, und beantragte, dass die Stadt Penkun das Geld bis dahin vorstreckt. „Wir sollten nicht riskieren, dass die Leute woanders hingehen. Darum meine Empfehlung an die Stadtvertreter: Wir sollten das Geld nicht länger vorenthalten.” Die elf anwesenden Stadtvertreter und die Bürgermeisterin stimmten geschlossen zu.

Zahlreiche Gespräche habe sie geführt, Mails gewechselt – mit der Krankenkasse, Penkuns Bürgermeisterin, der Landesregierung. Zuletzt habe das Gesundheitsministerium in Schwerin ihr mitgeteilt, man könne nichts tun, denn man habe aus MV „keine Dienstaufsicht über die AOK Nordost, weil die ihren Hauptsitz in Potsdam hat”. Nach weiteren Vorstößen sei sie nun aber zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommt. „Es kann nicht sein, dass der Kostenträger auf der einen Seite verpflichtet ist, unsere Mitarbeiter zu bezahlen, auf der anderen Seite aber sagt, er unterschreibt die neue Vergütungsverordnung nicht.” Die AOK beantwortete eine Nordkurier-Anfrage am Donnerstag nicht.

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„Leute fehlen überall, aber in der Pflege ist es extrem”

Knapp 70 Frauen und Männer, von der Hilfskraft mit einjähriger Ausbildung bis zur Krankenschwester mit dreijähriger Ausbildung, arbeiten im stationären und ambulanten Dienst der seit 23 Jahren bestehenden Einrichtung. Sie bekommen gemäß Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für 39,5 Stunden in der Woche je nach Dauer der Anstellung monatlich 2376 bis 3654 Euro brutto.

Stadtvertreter Ronny Franke (Bürgerbündnis mit Kompetenz für Vorpommern), selbst in einem Pflegeberuf tätig, riss kurz die Probleme seiner Branche an. „Die jungen Leute gucken sich das ein Jahr lang an, die Älteren machen Druck, weil sie so langsam arbeiten, und dann gehen sie. 40 Stunden die Woche und sieben freie Tage im Monat, und dann wirst du noch angerufen, ob du nicht doch noch eine Zusatzschicht übernehmen kannst – die Leute wollen einfach nur noch ihre Ruhe haben, 9 bis 17 Uhr arbeiten.” Leute fehlen überall, aber „in der Pflege ist es extrem”, sagte Bürgermeisterin Antje Zibell (CDU).

Ein polnischer Zahnarzt, der Menschen pflegt

Ulrich Ernst Nikolaus (Einzelbewerber) bezweifelte, dass der Personalstand in Penkun auf Dauer gehalten werden kann. „Meine Mutter hat sich wohl gefühlt, obwohl schon damals zu wenig Personal da war. Jetzt werden Quereinsteiger eingestellt. Eine Ukrainerin ist schon wieder weg, und ein polnischer Zahnarzt kann doch keine Menschen pflegen.”

Ganz so schlimm ist es nicht, versicherte Simone Brüssow. „Alle unsere Stellen in der Pflege sind besetzt. Wir haben sogar zusätzliche Stellen mit der Krankenkasse vereinbaren können, haben eine Fachkräfte-Quote von 50 Prozent und stehen damit besser da als viele andere Einrichtungen in MV.” Der polnische Zahnarzt habe schon Pflegeerfahrung aus Berlin mitgebracht. Auch sonst habe man „gute, fleißige, ehrgeizige Mitarbeiter aus dem Nachbarland” eingestellt, wenngleich „der eine oder andere noch nicht so gut Deutsch spricht”.

„Kein Anlass zu denken, dass die Stimmung kippt”

Wenn Pflegefachkräfte abwandern, dann zumeist, weil sie nur noch tagsüber und nicht mehr an Wochenenden arbeiten möchten. „Es ist ein schwieriges Geschäft.” Dennoch sei das Arbeitsklima in der Abendsonne gut. „Wir führen mit allen Mitarbeitern intensive Jahresgespräche und haben keinen Anlass zu denken, dass die Stimmung kippt.”

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