Urlaub, Arbeit, unentschuldigt

Stadtvertreter schwänzen Sitzung und lassen Beschlüsse platzen

Penkun / Lesedauer: 4 min

Vier einsame Kommunalpolitiker versammelten sich jetzt bei Penkun. Von manchen ihrer fehlenden Kollegen gab es nicht einmal eine Begründung, andere schickten Emojis aus dem Urlaub.
Veröffentlicht:07.07.2022, 17:56

Von:
  • Susanne Böhm
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Lange Gesichter am Mittwochabend bei der Penkuner Stadtvertretersitzung: Gerade einmal drei Stadtvertreter und die Bürgermeisterin hatten sich im Saal des Feuerwehrhauses in Wollin versammelt. Auch Protokollantin Dajana Wagner aus der Amtsverwaltung erledigte ihren Job. Neun weitere Stühle blieben allerdings leer. Damit war das Gremium nicht beschlussfähig.

Beschlüsse wie die zum Bau von Solarparks bei Penkun und Sommersdorf blieben auf der Strecke. Sie kommen nun erst nach der Sommerpause im September wieder auf den Tisch. „So etwas habe ich in 25 Jahren Kommunalpolitik noch nicht erlebt“, sagte Karl-Edmund Geiger (Bürger für Penkun). Regelrecht peinlich sei ihm die Situation gewesen, zumal mit rund 15 Einwohnern deutlich mehr Volk als Volksvertreter anwesend war. „Traurig“ fand Bürgermeisterin Antje Zibell (CDU) die Veranstaltung. Trotzdem versuchte sie, dem Vorfall etwas Positives abzugewinnen. „Vielleicht muss man so etwas auch mal erlebt haben.“ Bestenfalls sei die geplatzte Sitzung im Nachhinein doch noch für irgend etwas gut. Man könne ja nie wissen.

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Absagen trudelten per Whatsapp ein

Was war geschehen? „Da kamen mehrere Umstände zusammen“, erklärte Antje Zibell. Ein paar Stadtvertreter hätten sich schon Tage zuvor entschuldigt. Die meisten Absagen seien aber erst am Vormittag des Sitzungstages per WhatsApp eingetrudelt, teils ohne Erklärung. Einer habe ein Palmen-Emoji aus dem Urlaub geschickt. Ein anderer habe ohne Begründung geschrieben, er müsse passen. Mehrere hätten kurz und knapp mitgeteilt, sie könnten heute nicht.

Für einige der genannten Begründungen hatten Antje Zibell und Karl-Edmund Geiger Verständnis. „Einer musste kurzfristig einen an Corona erkrankten Kollegen vertreten“, sagte Antje Zibell. „Ich verstehe auch die Landwirte, die wegen des angekündigten Regens Prioritäten setzen und ihre Ernte retten mussten“, so Geiger. Auch wer mit Ferienkindern in den Urlaub geflogen ist, habe sich zum Wohl der eigenen Familie sicherlich richtig entschieden. „Es gibt aber bestimmt auch welche, die aufgrund der riesigen Tagesordnung mit 34 Punkten gesagt haben, das tue ich mir nicht an“, vermutete der Wolliner. Alle Sitzungstermine seien seit Jahresbeginn bekannt. Man habe genügend Zeit und Möglichkeiten gehabt, sie mit anderen Verpflichtungen in Einklang zu bringen.

Damit der Fortschritt nicht vollständig ausgebremst und der Sommer nicht verschlafen wird, versuchten Antje Zibell und Edmund Geiger zusammen mit Eckart Rothe (CDU) und Ronny Franke (Bürgerbündnis mit Kompetenz für Vorpommern), trotz widriger Umstände das eine oder andere Projekt auf den Weg zu bringen.

Schulsozialarbeiterin soll eingestellt werden

So will sich die Bürgermeisterin nun ohne Beschluss der Stadtvertreter darum kümmern, dass über eine Trägergesellschaft eine Schulsozialarbeiterin eingestellt wird. Auch Bauaufträge will sie in Absprache mit den drei anwesenden Stadtvertretern vergeben – zum Beispiel für die Trauerhalle in Storkow. Solche Vorgänge eilen auch deshalb, weil die Kostenvoranschläge nicht lange bestehen bleiben. „Wir haben uns extra am Montag Angebote machen lassen mit einer Bindefrist von drei bis vier Tagen.“ Nach Ablauf der Frist werde es vermutlich teurer. Auch Fördermittel seien an solche Investitionen gebunden.

Bis 21.30 Uhr beriet das Quartett in nicht öffentlicher Runde. „Für die allermeisten Punkte haben wir eine Lösung gefunden“, sagte Karl-Edmund Geiger am Donnerstag. „Ich versuche jetzt, die Stadtentwicklung trotzdem weiter voran zu treiben“, so Antje Zibell. Normalerweise erlebe sie sich und die Stadtvertreter als „Team, das konstruktiv zusammen arbeitet“. Sie hoffe und gehe davon aus, dass das Erlebte ein einmaliger Tiefpunkt war, der die Stadtvertreter einmal mehr an ihre Verantwortung gegenüber den Wählern erinnert. Dennoch werde sie mit dem einen oder der anderen das persönliche Gespräch suchen, um ihm oder ihr auf den Zahn zu fühlen. Für eine beschlussfähige Runde hätten mindestens sieben der ehrenamtlich arbeitenden Stadtvertreter anwesend sein müssen.

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