DDR-Mopeds
Warum viele Jugendliche in Vorpommern auf Simson abfahren
Uecker-Randow / Lesedauer: 4 min

Susanne Böhm
Immer mehr 15-Jährige düsen mit Simsons, Schwalben und anderen Mopeds durch Vorpommern-Greifswald. Nach Auskunft der Führerscheinstelle ist die Zahl der erteilten Führerscheine der Klasse AM im Jahr 2022 enorm gestiegen.
DDR–Mopeds sind zulassungsfrei
151 neue Führerscheine für Roller und Mopeds der Klasse AM wurden 2022 in Vorpommern überreicht. Im Jahr 2021 waren es 102, im Jahr davor 80, 2019 waren es 89 und 2018 nur 68, teilte Landkreis-Sprecher Florian Stahlkopf auf Nordkurier-Nachfrage mit. In diesem Jahr wurden bis zum 8. August bereits 89 Fahrerlaubnisse dieser Klasse vergeben. Die überwiegende Mehrheit der Teenager scheint sich dabei für DDR-Mopeds zu begeistern. Statistisch belegbar ist dieser Eindruck jedoch nicht.
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„DDR-Mopeds sind zulassungsfrei und nicht kennzeichenpflichtig. Daher werden sie in der Zulassungsstelle nicht registriert.“ Lediglich ein Versicherungskennzeichen müssten diese Fahrzeuge führen, welches die Halter von der jeweiligen Versicherung bekommen. „Einen Zusammenhang mit der wachsenden Beliebtheit der DDR-Mopeds können wir daher nicht nachweisen. Vielmehr ist hier der Wunsch der 15-Jährigen nach Mobilität zu erkennen.“
Polizei bestätigt Eindruck
Der Eindruck, dass sich auffällig viele Jugendliche für DDR-Mopeds begeistern, verfestigt sich indes auch bei der Polizei. Eine Statistik über beliebte Marken führt zwar auch diese Behörde nicht, „dennoch können wir als Polizei den Eindruck bestätigen, dass sich die Marken Simson und Schwalbe insbesondere bei Jugendlichen großer Beliebtheit erfreuen“, teilt Polizeisprecherin Denise Lemke mit. Die Polizistin hat auch einen Verdacht, woran das liegen könnte.
Vielleicht wegen Geschwindigkeitsrausch
„Möglicherweise spiele nicht allein der Ostalgie-Gedanke bei den jungen Leuten eine Rolle, sondern auch der Geschwindigkeitsrausch. Die DDR-Mopeds würden nämlich bis zu 60 km/h schnell fahren, was in der Führerscheinklasse für jugendliche Fahranfänger eigentlich gar nicht erlaubt sei. Die dürften nämlich mit maximal 45 km/h durch Vorpommern brausen. Für DDR-Modelle gebe es aber eine Ausnahme, solange deren Erstzulassung vor dem 29. Februar 1992 erfolgte, was also bei so ziemlich jedem DDR-Moped der Fall sein dürfte. Die Novellierung des Mindestalters mit Herabsetzung auf 15 Jahre dürfte die Simson-Manie zusätzlich beflügeln.
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In Unfälle sind junge Mopedfahrer zum Glück trotzdem nicht auffällig oft verwickelt. Die Zahl der Verkehrsunfälle, an denen 15- bis 17-Jährige mit Führerscheinen der Klasse AM beteiligt waren, ist in den Jahren 2020 bis 2022 nicht nennenswert gestiegen. 2020 waren es laut Polizeisprecherin Denise Lemke in Vorpommern-Greifswald 20, 2021 waren es 12 und 2022 wurden 22 Unfälle mit diesen kleinen Mopeds registriert.
„Abgesehen vom Jahr 2021, welches in der Verkehrsunfallstatistik generell eine auffällige Minustendenz aufgrund der coronabedingten Umstände aufweist, ist sowohl bei den Kleinkrafträdern als auch bei den Krafträdern höherer Fahrerlaubnisklassen kein signifikanter Anstieg der Verkehrsunfallzahlen zu erkennen.“
Polizei rät zu besonderer Vorsicht
Auch wenn die Unfallzahlen nicht belegen, ob oder dass Moped–Fahrer gefährlicher leben als andere Verkehrsteilnehmer, rät die Polizei den jungen Männern und Frauen zu besonderer Vorsicht. „Vergleichbar sind diese Verkehrsteilnehmer mit anderen Kraftradfahrern wie letztlich auch Radfahrern, wenn man hier den äußeren Schutz oder eben das Fehlen dessen in Betracht zieht“, sagt Denise Lemke.
Natürlich habe sich das Verkehrsaufkommen in den vergangenen 35 Jahren enorm erhöht. „Insbesondere auf Strecken wie Landes-, Kreis- und Bundesstraßen mit zulässigen Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h und entsprechendem Fahrzeugverkehr, vor allem Lkw, bedeutet es für Fahrzeugführer von Kleinkrafträdern eine erhöhte Vorsicht und Umsicht, was das Beherrschen ihres Fahrzeugs angeht." Mit ihrer Beliebtheit steigen auch die Preise für Simson, Schwalbe und Co. Wurden solche Kult-Fahrzeuge viele Jahre nach der Wende oftmals noch für ein paar hundert Euro oder noch weniger verkauft, kann man heute für ein aufgebautes Ost-Moped locker 3000 Euro und mehr ansetzen.