Kirche

Zeigt dieser Jesus den Hitlergruß?

Strasburg / Lesedauer: 2 min

Die evangelische Nordkirche debattierte den Umgang mit problematischer Kunst, auch am Beispiel einer Figur aus der Stadtkirche Strasburg.
Veröffentlicht:07.12.2022, 18:01
Aktualisiert:

Von:
  • Author ImageBenjamin Lassiwe
Artikel teilen:

Einst soll die Figur am Altar der Stadtkirche von Strasburg (Uckermark) gehangen haben, nun steht sie etwas versteckter: Ein überlebensgroßer Holzchristus, der seinen rechten Arm hebt. Entstanden ist die Darstellung 1938 und mancher will darin angesichts der Zeit eine Anlehnung an den Hitlergruß erkannt haben.

Lesen Sie auch: Warme Pullover und kürzere Predigten – Wie Kirchen in MV Energie sparen

Aus der Kirchgemeinde heißt es allerdings, dass schon mehrfach Gutachter das Werk gesichtet hätten und nicht wirklich eine möglicherweise „verfassungsfeindliche Geste“ erkannten.

Beispiel für NS-Kunst in Kirchen

Für den Historiker Stephan Link, der jüngst auf der in Travemünde tagenden Landessynode der evangelischen Nordkirche einen „Bericht zum Umgang mit Darstellungen von judenfeindlichem, rassistischem und nationalsozialistischem Gedankengut“ ablegte, ist die Figur aus dem äußersten Süden des Kreises Vorpommern-Greifswald aber nur eines von mehreren Beispielen in der Nordkirche, bei denen NS-Kunst in Kirchen überlebt hat.

Lesen Sie auch: Pasewalker Schüler packen Päckchen für Kinder in Osteuropa

Angeregt wurde der Vortrag von Link durch eine Debatte über die Umgang mit antisemitischen Kunstobjekten in Kirchen, die derzeit bundesweit geführt wird. Prominentestes Beispiel dafür ist die Wittenberger „Judensau“. Am Mauerwerk der Stadtkirche, in der Martin Luther selbst seine Predigten hielt, befindet sich eine antisemitische, mittelalterliche Schmähplastik. Mehrere Versuche, die Kirchengemeinde gerichtlich zur Entfernung der aus dem Mittelalter stammenden Plastik zu zwingen, scheiterten. Am Ende entschied sich die Gemeinde, eine erklärende Hinweistafel zur Einordnung anzubringen.

Denkmale „in germanisch-arischer Bildersprache”

In diesem Kontext wollte sich auch die Nordkirche mit heute als problematisch empfundener Kunst beschäftigen. Dazu zählen nach Auffassung des Historikers Link vor allem Gedenk- und Ehrentafeln: In manchen Kirchen werde an gefallene SS-Angehörige erinnert, indem auf den entsprechenden Denkmalen in den Kirchen die SS-Runen vor den Namen der Toten stehen. „Es handelt sich im Kern um die rechtswidrige Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole“, sagte Link.

Lesen Sie auch: Der Abriss des Strasburger Kulturhauses hat begonnen

Zumal die Mehrzahl der Denkmale mit einer Ikonografie versehen wurde, die „kriegsverherrlichend ist, den Soldatentod christlich verbrämt und mit nationalistischen Aussagen: kombiniert.“ Vielfach fänden sich zudem „Kriegerdarstellungen in ausgesprochen germanisch-arischer Bildersprache“. Dabei betonte Link: „Nicht das Gedenken an die Toten der Gemeinde sehe ich kritisch, vielmehr ist die damit verbundene Sinnstiftung problematisch.“

Er regte an, dass sich die Nordkirche eine interne Richtlinie, ein sogenanntes „Kirchengesetz“, geben sollte, aus dem hervorgeht, wie man künftig mit solchen Kunstwerken umgeht. Beispiele dafür gibt es bereits: Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat festgelegt, dass sakrale Gegenstände mit antisemitischer Symbolik nicht mehr im Gottesdienst verwandt werden dürfen.