Anschwärzen von Auswärtigen
Zugezogener poltert gegen DDR-Mentalität in Corona-Zeiten
Blankensee / Lesedauer: 2 min

Holger Schacht
In die Diskussion um Einreiseverbote und Anschwärzungen von Auswärtigen, die sich wegen der Corona-Krise nicht in Mecklenburg-Vorpommern aufhalten dürfen, meldet sich ein Nordkurier-Leser aus Blankensee zu Wort. Der stammt ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und war vor fünf Jahren von dort in die 550-Einwohner-Gemeinde nahe der polnischen Grenze gezogen. „Also, ich fühle mich aktuell nicht so wohl in meiner neuen Region“, sagt er über die seiner Ansicht nach mangelnde Solidarität in der Dorfgemeinschaft.
Er sei wirklich froh, seine Fahrzeug-Kennzeichen rechtzeitig auf „VG“ geändert zu haben. „Sonst wäre ich einem Spießrutenlaufen ausgesetzt gewesen“, mutmaßt er. Und redet sich bei dem Thema richtig in Rage: Ihn erinnere die heutige Zeit an die DDR. „Ich bin der Meinung, dass die vorwiegend älteren Bürger, so denke ich, sich gerade so richtig wohlfühlen. Endlich können wir wieder Menschen melden, welche nicht hierher gehören. Jetzt haben die Menschen wieder ihre Knappheit in den Läden, ihre verbotenen Reisen und können fremde Leute auch noch anschwärzen. Ich finde das schrecklich. Wir brauchen keine Hilfssheriffs“, poltert er.
Regierung für Denunziationen mitverantwortlich?
Als Beispiel nennt der Mann, der früher als Abteilungsleiter in einem Auto-Vertriebszentrum arbeitete und heute von seinem Ersparten lebt, Beobachtungen aus seinem Bekanntenkreis. „Ich kenne zwei Berliner, die sich bei uns in der Gegend verstecken. Die haben Angst, wieder nach Berlin geschickt zu werden. Die wohnen dort zur Miete, haben hier einen großen Garten. Ich finde, die sind in der Region gut aufgehoben. Mich regt das Thema auf. Die Berliner sind zwar hier, aber ich habe sie seit zehn Tagen nicht mehr gesehen“, sagt er.
Das Anschwärzen seiner Mitbürger, so der Blankenseer, habe er nie gelernt, und das käme ihm auch nicht in den Sinn: „Ich könnte einige Dorfbewohner ebenfalls anzeigen, weil sie im Frühling und im Herbst stetig Gartenabfälle und sicher auch andere Dinge verbrennen, obwohl das seit Jahren verboten ist. Aber das mache ich doch auch nicht.“
Mitverantwortlich für die Denunziationen macht Kings die Landesregierung: „Die hat die Problematik um den zweiten Wohnsitz stark propagiert. Die Bevölkerung ist ja eingehend belehrt worden.“ Als Konsequenz des Verhaltens von Einheimischen rechnet Kings damit, dass sich viele Auswärtige „nach der Krise ganz aus der Region verabschieden“ werden. „Die werden sich fragen: Was soll ich hier?“, meint er.