LNG–Terminal
Ampelkoalition verweigert Gespräch mit Rügens LNG–Gegnern
Mukran / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Das Programm ist üppig: Wenn eine Delegation des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags am nächsten Dienstag auf Rügen aufschlägt, stehen beim ganztätigen Besuch etliche Gesprächspartner bereit, um den Politikern aus Berlin das umstrittene LNG–Thema direkt vor Ort zu erklären. Vertreter der Deutschen Regas und von Gascade als Betreiber des Terminals und der Pipeline, Mitglieder des Tourismusverbandes und der Geschäftsführung des Hafens Mukran, der Bürgermeister der Stadt Sassnitz und auch Heiko Miraß als Vorpommern–Beauftragter der MV–Landesregierung werden den Männern und Frauen aus der Bundeshauptstadt Auskunft geben.
Ausschuss–Mitglied sieht Schaden für die Demokratie
Fehlen werden im Reigen der Gesprächspartner aber Vertreter der Bürgerinitiativen und der Ostseebadgemeinde Binz, die seit Monaten gegen das LNG–Projekt protestieren und mittlerweile auch rechtlich gegen das geplante Flüssiggas–Terminal vorgehen. Simone Borchardt, CDU–Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg–Vorpommern und Mitglied des Petitionsausschusses, schüttelt verständnislos den Kopf. „Es geht gar nicht, dass die SPD mit ihrem Delegationsleiter Bengt Berg alle Forderungen der CDU, auch mit Gegnern des Terminals zu sprechen, einfach vom Tisch wischt“, betont Borchardt.
Es könne nicht Anspruch von Bundestagsabgeordneten sein, bei einem Besuch und einem so umstrittenen Thema den Protest auf Rügen zu ignorieren und ihn auszugrenzen. Immer wieder werde in Sonntagsreden gesagt, dass man vor Ort um Akzeptanz bei den Bürgern werben wolle – doch genau dies werde jetzt mit Füßen getreten. „Das schadet der Demokratie“, befürchtet Borchardt.
MV–Abgeordnete nennt Termin PR–Maßnahme für Vorhaben der Bundesregierung
Ähnlich sieht es ihre Ausschusskollegin Ina Latendorf. Die Bundestagsabgeordnete der Linken, ebenfalls aus MV, wollte u.a. den Tourismusdirektor von Binz und das Bergamt Stralsund als Genehmigungsbehörde dabei haben. Deren Einladungen seien aber „auf ausdrücklichen Wunsch des Delegationsleiters von der SPD zurückgewiesen“ worden. Und das „mit zum Teil abstrusen Begründungen“, so Latendorf weiter. Etwa, weil das Sassnitzer Rathaus zu klein für einen weiteren Teilnehmer sei. „Damit ist von vornherein klar, dass es nicht um Erkenntnisgewinn in der Sache, sondern lediglich um eine PR–Maßnahme für das Vorhaben der Bundesregierung geht. Eine solch schamlose Instrumentalisierung des Ausschusses habe ich bisher noch nicht erlebt“, urteilt sie.
Mit dieser Kritik konfrontiert, reagiert SPD–Mann Berg durchaus mit Verständnis. „Ich verstehe die Einwände der Opposition. Aber wir kommen schon mit einer großen Truppe aus Berlin und haben einen ganz engen Zeitplan – da müssen wir in den sauren Apfel beißen, wenn wir nicht mit allen sprechen können“, argumentiert Berg.
Aber warum fehlen ausgerechnet die Gegner des Projektes? Bleibt der ausgewogene Blick auf die Meinung der Rüganer da nicht auf der Strecke? „Nein“, sagt der SPD–Politiker voller Überzeugung. „Wir sprechen mit Touristikern, mit Umweltschützern, mit der Verwaltung, mit Arbeitnehmern – es geht um einen sachlichen Informationsgewinn vor Ort“, rechtfertigt Berg die Absage an die Widerständler.
Die Gegner des Terminals müssen derweil eine weitere Kröte schlucken: Trotz des Protestes und laufender Rechtsstreitigkeiten schreitet das LNG–Projekt voran. Im Greifswalder Bodden erfolgen bereits Baggerarbeiten zur Vorbereitung der Verlegung. Auch am Anlandepunkt in Lubmin laufen Arbeiten. So wird laut Pipeline–Betreiber Gascade etwa ein Stahlseil vorbereitet, mit dem der erste Rohrabschnitt vom Verlegerschiff „Castoro 10“ durch einen sogenannten Mikrotunnel an Land gezogen werden soll. Das soll — soweit das Wetter und die Technik mitspielt — heute starten und bis Ende der Woche abgeschlossen sein. Anschließend soll die Verlegung von Lubmin weg durch den Greifswalder Bodden Richtung Mukran auf Rügen starten.