Erdgas
Meterhoher LNG-Tower soll vor Rügen entstehen
Rügen / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Emotionen lässt sich Reinhard Meyer selten anmerken – dass bei einem geplanten energiepolitischen Großprojekt unmittelbar vor der Urlauberhochburg Rügen aber gleich zwei Herzen in seiner Brust schlagen, räumte der SPD-Politiker am Montag unumwunden ein. Auf der einen Seite das Herz des Energieministers, auf der anderen Seite das Herz des Tourismusministers – für die beiden Ressorts unter einem Dach ist Meyer in der rot-roten Landesregierungen verantwortlich.
Da Meyer weiß, wie viel Brisanz in dem RWE-Vorhaben steckt, trat der Minister quasi die Flucht nach vorne an, um von „Anfang an transparent zu informieren und kommunizieren”. Fakt ist, dass das grün-geführte Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck für die Standorte Brunsbüttel (Schleswig-Holstein), Wilhelmshaven und Stade (beide Niedersachsen) sowie Lubmin vier schwimmende LNG-Terminal gemietet hat, um nach dem Aus für russisches Gas durch die Nord-Stream-Pipelines die Energiesicherheit in Deutschland weiter zu sichern.
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Eine „Art Bohrinsel” vor Sellin
Für den Standort Lubmin hat das Habeck-Haus das Vorhaben an den globalen Energieplayer RWE übertragen. Das Unternehmen hat nun bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Bergamt Stralsund, erste Unterlagen für die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens eingereicht. Demnach sollen laut Thomas Triller, Chef des Bergamtes, zwei Anlegetower rund fünf Kilometer vor der Seebrücke in Sellin auf Rügen errichtet werden.

Zur Höhe der Tower konnte Triller noch nichts sagen – technische Einzelheiten will RWE erst Anfang April bei der Genehmigungsbehörde vorlegen. Das werde eine „Art Bohrinsel” sein, teilte Triller lediglich mit. Bekannt ist bisher lediglich, dass RWE beabsichtigt, von der Anlegestation vor Rügen eine rund 38 Kilometer lange Gaspipeline in den Hafen von Lubmin zu verlegen. Von dort soll das Gas über die bereits vorhandenen Leitungen Opal, Eugal und NEL weiter verteilt werden.
Sowohl bei der Infrastruktur im Hafen von Lubmin als auch bei der Nutzung der Pipeline könnte es eine Kooperation zwischen RWE und der Deutschen Regas geben. Die Deutsche Regas hatte Mitte Januar in Lubmin das erste privat betriebene LNG-Terminal gestartet.
Spagat zwischen Energie und Tourismus
„Wir müssen einen großen Spagat zwischen energiepolitischen und touristischen Interessen schaffen. Das ist nicht ganz einfach und könnte auch nicht schmerzfrei ablaufen”, betonte Meyer am Montag in einem Pressegespräch. Der Wirtschaftsminister sprach von einer „anspruchsvollen Prüfung” durch die Genehmigungsbehörde. Zugleich machte Meyer deutlich, dass es die Anlegetower nur geben würde, wenn für die Pipeline von der Prüfbehörde eine „positive Prognose” erstellt werden könnte – sprich: Die Pipeline durch den Greifswalder Bodden müsste umweltrechtlich auf absolut sicheren Füßen stehen.