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Rügenmilch

Milchtankstellen auf Rügen und in Stralsund werden abgebaut

Wiek / Lesedauer: 3 min

Auf Rügen und in Stralsund wird es künftig keine frisch gezapfte Milch mehr geben. Der engagierte Landwirt von Rügenmilch zieht die Reißleine – mit Konsequenzen nicht nur für die Milchtankstellen.
Veröffentlicht:04.02.2020, 12:01

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Vor drei Jahren noch war der Andrang groß. Mitunter standen die Kunden Schlange an den Frischmilchautomaten von Landwirt Enno Tammling, um sich einen oder zwei Liter pasteurisierte Milch von seinen Jersey-Rindern selbst zu zapfen.

Die Rügenmilch war bei den Insulanern und mehr noch bei den Urlaubern sehr beliebt, nicht vergleichbar mit der Billigware aus den Supermärkten. So beliebt, dass der Wieker Bauer seinerzeit gleich acht teure Frischmilchzapfstellen in Verkaufsstellen in Sagard, Bergen, Wiek, Sellin, Sassnitz und Stralsund aufstellen ließ. Das schmecke ja so wie früher, lobten die Käufer.

Direktvermarktung der Rügenmilch wird eingestellt

Doch im Laufe der Zeit ließ die Nachfrage nach. Die meisten Kunden bedienten sich bald wieder aus den Regalen von Real, Edeka und Co., statt für Qualitätsmilch 1,40 Euro je Liter zu berappen. Fast drei Jahre nach der Markteinführung zieht Enno Tammling nun die Reißleine. An den Automaten und auf seiner Facebook-Seite informierte er vor einigen Tagen seine Kunden, dass er leider aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Direktvermarktung der Rügenmilch einstellen muss.

Der Zuspruch sei zuletzt drastisch zurückgegangen, bedauert Tammling. Eine Preissteigerung sei für ihn keine Option, weil dann vermutlich noch weniger Kunden seine Rügenmilch kaufen würden. Nach dem Aus des Camemberts „Rügener Badejungen“ der Bergener Käserei, für dessen Produktion auch Tammling einst Milch lieferte, hat der Landwirt nun also einen weiteren Rückschlag zu verkraften.

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Automaten kommen nach Berlin

Kommende Woche sollen die Automaten abgebaut werden. Für sie habe er einen Käufer gefunden. Künftig werden die Frischmilch-Tankstellen in Berlin stehen. Eine mit der Milchvermarktung beauftragte Mitarbeiterin muss Tammling betriebsbedingt entlassen. Und auf Rügen wird es nun wieder nur noch Massenware geben.

In den sozialen Netzwerken stößt die Ankündigung vom Ende der Rügenmilch ausnahmslos auf Bedauern. „Willkommen in der Gesellschaft Geiz ist geil“, schreibt zum Beispiel Christine Schnur. „Schade, dass das Bewusstsein fehlt für wirklich gute und gesunde Lebensmittel.“ Leider zähle bei den meisten nur der Preis.

Und Henry Breitsprecher meint, dass es vielleicht auch daran liege, dass ein Großteil der Rüganer für einen Hungerlohn arbeiten gehe und sich solch gute Milch schlichtweg nicht leisten könne. Und im Winter fehlten nun einmal die gut zahlenden Urlauber.

Konsequenzen für Bäckerei Peters und „Rügener Inselfrische“

Vom Ende der Rügenmilch sind aber nicht nur die Endverbraucher betroffen. Weil am Hof Tammling auch die Pasteurisierungsanlage stillgelegt wird, kann künftig auch die Bäckerei Peters in Mukran nicht mehr beliefert werden. In der „Gläsernen Bäckerei“ war die frische Rügenmilch für Backwaren, Kaffee und Eis verwendet worden. Und auch die Firma „Rügener Inselfrische“, die in Poseritz unter anderem Joghurt, Quark und Frischkäse erstellt und dafür vom Hof Tammling Rahm bezog, muss nun auf andere Zulieferer wechseln.

Auf den Koppeln der Familie Tammling bei Bohlendorf werden auch weiterhin etwa 220 Jersey-Rinder grasen. Täglich gibt die Herde mehr als 3000 Liter Milch ab. Statt in die Direktvermarkt wird die Milch nun jeden Tag nach Prenzlau geliefert. In der Molkerei Uckermärker Milch soll die Rügenmilch künftig zu Butter, Quark und anderen Produkten weiterverarbeitet werden.

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