Ostalgie
1965er Trabi bekommt sogar noch TÜV
Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Claudia Marsal
Sonnabendfrüh stand der geliebte Trabi von Gerd Teichner noch blitzblank, aber ohne TÜV auf dem Hof seines Elternhauses in Carmzow. In der Nacht zuvor hatte das den 43-Jährigen mächtig gewurmt. „Wäre ich doch mit dem Auto vorher noch in der Werkstatt gewesen. Der TÜV war schließlich schon im Oktober 2020 abgelaufen. Aber ich hatte gedacht, dass eh wenig Events stattfinden und ich ihn deswegen gar nicht nutzen werde.“ – Der Beamte haderte sehr mit seinem Versäumnis. Ohne die Plakette konnte er mit dem Schmuckstück nicht gen Finowfurt düsen.
Am dortigen Ostfahrzeuge-Treffen hätte der Zöllner aber zu gern teilgenommen. Die Entscheidung fiel dann kurz vor 5 Uhr morgens. „Ich bin aufgestanden und habe wenig später telefonisch abgeklärt, ob ich in der Werkstatt Hoge in Woddow noch fix vorbei kommen darf. An einem Sonnabend...“ Er durfte. Pünktlich um 6.50 Uhr stand der Uckermärker auf dem Hof des kleinen Kfz-Unternehmens, das sich auf Modelle aus der ehemaligen DDR spezialisiert hat. Eine knappe Stunde später konnte Gerd Teichner am Steuer seines Oldtimers wieder nach Hause düsen und seine Familie einladen.
A11 voller Oldtimer
Seine Kinder Laura und Emma hatten mit seiner Partnerin Pina da schon die Verpflegungstasche gepackt und waren startklar. Die Fahrt zum Veranstaltungsgelände auf dem ehemaligen Flugplatz von Finowfurt verlief wie im Fluge. Zumal die Carmzow’sche Trabibesatzung zwischendurch schon viel zu gucken hatte. Die Autobahn 11 war voll mit Zwei- und Vierrädern, die auf dem Weg zum Treffen waren. Angst, dass seine 1965 gebaute Pappe zwischendurch schlappmachen könnte, hatte der Besitzer nicht: „Den TÜV bekam der Wagen diesmal ohne Beanstandung. Keine Mängel – das habe ich jetzt schwarz auf weiß.“ Das mag zum einen an der gute Pflege liegen, die der Trabi bei ihm genießt. Aber es hat nach Ansicht von Gerd Teichner auch damit zu tun, dass einst Qualitätsarbeit das Autowerk in Zwickau verließ.
+++ Viel Zulauf beim Trabitreffen in Brüssow +++
Er selbst besitzt den niedlichen Zweitakter seit 2006. Zuvor hatte der Pkw einem Ehepaar aus der Region gehört. „Wie es der Zufall so will, sah ich die beiden Jahre nach dem Kauf mal bei einem Treffen in Brüssow wieder. Die Frau stürmte sofort mit Tränen in den Augen zur ihrem Auto hin. Sie streichelte über die Sitze und die Wimpel im Inneren, die ich original so dringelassen hatte. Dann erzählte sie mir gerührt von ihren Urlaubsreisen an den Balaton, die sie mit der Familie in der DDR selbstverständlich mit dem Trabi angetreten hatte. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen, bei all dem Komfort und Schnickschnack, den moderne Pkw so haben. Doch die Ost-Autos rollten damals eben auch unvorstellbar lange Strecken und gaben nur selten zwischendurch ihren Geist auf. Und wenn, konnte man den Schaden meist selbst beheben.“
Enge Pappschachtel
In Finowfurt freute sich Gerd Teichner riesig, so viele junge Leute zu sehen. „Das gibt mir Hoffnung, dass die Jugend Erinnerungen zu schätzen weiß und diese auch für die nächsten Generationen erhält.“ Seine beiden Töchter jedenfalls konnten sich nichts Schöneres vorstellen, als sich mit dem Papa und seiner neuen Partnerin in die enge Pappschachtel zu zwängen und ein bisschen DDR-Luft zu schnuppern.
So wie ihnen ging es am vergangenen Wochenende tausenden von Menschen. Mit der ersten Nach-Corona-Veranstaltung haben die Organisatoren einen echten Knüller gelandet, der sicher noch lange Thema bei Gesprächen ist. Gerd Teichner hofft, dass es 2022 auch noch ein Treffen in Brüssow gibt. „Am Anfang habe ich dort gemeinsam mit Daniel Pohl mal zu den Veranstaltern gehört. Das waren Zeiten...“ Am 30. April trifft sich die Szene übrigens in Fürstenau.
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