Asylpolitik
AfD-Demo gegen weitere Flüchtlingsunterkunft
Prenzlau / Lesedauer: 5 min

Heiko Schulze
In der Kreisstadt Prenzlau mit circa 19.000 Einwohnern soll nach Vorschlag der Uckermark-Verwaltungsspitze eine weitere Erstaufnahmeunterkunft für bis zu 300 Flüchtlinge ausgebaut werden. Gegenwärtig sind im Prenzlauer Flüchtlingsheim, das seit den 1990er Jahren betrieben wird, circa 400 Asylsuchende untergebracht, weitere 1126 Geflüchtete und Asylsuchende in Wohnungen, bis zu 70 Plätze sind in einem ehemaligen Telekom-Gebäude eingerichtet.
Kämen weitere 250 bis 300 Asylsuchende und Geflüchtete hinzu, würde deren Anteil circa zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen. Weder soziale noch Sicherheitsstrukturen seien diesem Ansturm gewachsen, fürchtet Prenzlaus Bürgermeister Hendrik Sommer (parteilos) um den sozialen Frieden in der Kreisstadt. Auch wird die Unterbringung im Bürohaus des Gewerbegebietes Prenzlau Ost (ehemals AWP–Verwaltungsgebäude) in der Brüssower Allee 91 von vielen Bürgern, Politikern, Verwaltungsmitarbeitern und Gewerbetreibenden kritisch gesehen.
Gegen zusätzliche zentrale Unterkunft
Ludger Melters (CDU), Vorsitzender der Prenzlauer Stadtverordnetenversammlung, will in der Stadtverordnetenversammlung am 20. April einen Antrag einbringen, in dem er sich gegen diese zusätzliche zentrale Unterkunft und gleichzeitig gegen eine Erweiterung des Standortes Berliner Straße zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausspricht.
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Die Stadt Prenzlau leiste bereits einen Großteil der Aufgaben der Flüchtlingsunterbringung und -eingliederung im Landkreis Uckermark. Eine „abrupte Erhöhung der Anzahl von Flüchtlingen“ in der Stadt, wie vorgesehen, sei nicht mehr angemessen, appellierte er „an alle Beteiligten auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene.“
Gesetzlich normierte Pflichtaufgabe
Uckermark-Landrätin Karina Dörk (CDU), die sich selbst dafür ausspricht, nur noch Flüchtlinge mit Aussicht auf ein Bleiberecht im Landkreis aufnehmen zu wollen, sieht keinen Ermessensspielraum, zumal der Landkreis im vergangenem Jahr sein vom Land Brandenburg vorgegebenes Aufnahmesoll erstmals nicht erfüllen konnte und für 2023 die Uckermark bereits zur Aufnahme von 1756 weiteren Geflüchteten verpflichtet worden sei. Es handele sich dabei um eine „gesetzlich normierte Pflichtaufgabe nach Weisung“ durch das Land.
Antrag auf generellen Aufnahmestopp
Die AfD-Kreistagsfraktion will dennoch auf der öffentlichen Kreistagssitzung, die am 18. April um 16.30 Uhr im Prenzlauer Plenarsaal beginnt, den Antrag auf einen generellen Aufnahmestopp stellen. Sollte dieser scheitern und die Landrätin ihre Beschlussvorlage zur Abstimmung bringen, werde die AfD eine namentliche Abstimmung beantragen. „Das Ergebnis werden wir anschließend in der gesamten Uckermark verteilen. Nicht um die Abgeordneten unter Druck zu setzen, aber damit sie transparent für die Bürger zu ihrer Entscheidung Stellung beziehen können“, kündigte Felix Teichner, Landtagsabgeordneter und Kreisverbandsvorsitzender der AfD, Montagabend auf dem Prenzlauer Marktberg an.
Dorthin hatte seine Partei unter dem Slogan „Nein zum Asylheim im Gewerbegebiet Ost“ zum Protest aufgerufen, dem hunderte Bürger gefolgt waren. „Wir haben auch die Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen und die Landrätin eingeladen, um ihnen Gelegenheit zu geben, hier ihre Haltung zu erklären“, so Teichner. Das Angebot blieb ungenutzt.
„Sozialstaat braucht Grenzen"
Der AfD-Landtagsabgeordnete verwies unter anderem darauf, dass sich zum Stichtag 31. Dezember 2022 im Land Brandenburg „4549 vollziehbare Ausreisepflichtige“ befunden haben. Wäre diese Ausreisepflicht auch vollzogen worden, wäre genügend Platz für jene vorhanden, die berechtigt Schutz suchen würden: „Ich persönlich würde aber nie allein in ein sicheres Land fliehen und meine Frau und meine Kinder in einem Kriegsgebiet zurück lassen.“
Er verwies auf die im Nachbarland Polen praktizierte Flüchtlingspolitik, die für die AfD ein Weg wäre: Über einen Asylantrag wird innerhalb weniger Wochen entschieden. Bei einem negativen Ergebnis wird umgehend abgeschoben, bei einem positiven Bescheid wird der Schutzsuchende drei Monate alimentiert. "Danach muss er arbeiten, zusehen, dass er Geld verdient und so zur Solidargemeinschaft beiträgt.“ Dieses führe nicht nur zu mehr Akzeptanz, sondern werde Deutschland im Ergebnis Milliarden ersparen, die von den steuerzahlenden Bürgern erwirtschaftet worden sind: „Wir können nicht die ganze Welt bei uns aufnehmen. Ein Sozialstaat braucht Grenzen, sonst kann er nicht funktionieren.“

Teichner äußerte zudem die Vermutung, dass der Landkreis mit der geplanten Flüchtlingsunterkunft auch „das große Geschäft machen wolle“: „Die Vorverträge sind bereits zum 1. April in Kraft. Das ganze ist ein undemokratischer Vorgang, den wir lückenlos aufklären wollen."
„Zu Demokratie gehört es auch, Nein sagen zu dürfen“
Hannes Gnauck, der ebenfalls zu den Rednern gehörte, warf der Landrätin vor, auf unverantwortliche Weise den Kreistag vor vollendete Tatsachen gestellt, die kommunale Gemeinschaft hintergangen zu haben. Im Gegensatz zu ihren eigenen Beteuerungen, dass man keine Flüchtlinge mehr aufnehmen könne: „Zu einer Demokratie gehört es auch, Nein sagen zu dürfen.“
Mit Blick auf die einzelnen Fraktionsstärken im 51-köpfigen Kreistag sehe er dennoch die Chance, dass am Dienstag „eine bürgerliche Mehrheit“ den von der Verwaltungsspitze vorgesetzten Beschluss noch verhindern könne: „Am Dienstag um 16.30 Uhr wird sich zeigen, ob die gewählten Abgeordneten wirklich noch für die Menschen der Region da sind, oder ob sie sich zum 'Knecht einer Asylindustrie' machen.“
Sollte die AfD eines Tages den Landrat stellen, so Gnauck, sei „Schluss mit dem Multi-Kulti-Wahnsinn“. Was Bund und Land durch ihre derzeitige Asylpolitik bewirkten, sei ein „Bevölkerungsaustausch“: „Das kannten wir bislang nur aus 'Großstadt-Ghettos'. Jetzt kommt alles auch hierher“, erinnerte Gnauck daran, dass man erst vier Wochen zuvor unter der Überschrift „Kein Ort für kriminelle Migrantenclans“ auf dem gleichen Platz demonstriert habe. Landrätin Karina Dörk, Bürgermeister Hendrik Sommer und der SVV-Vorsitzende Ludger Melters hatten wegen wiederholter Vorfälle mit tschetschenischen Mehrfach-Straftätern die Landesregierung schriftlich um Hilfe ersucht.

Wichtig sei ihr, erklärte damals die Landrätin in einem Interview mit dem Uckermark Kurier, die Geflüchteten, die sich in Deutschland integrieren wollten, klar von denen zu trennen, die kriminelle Energie entwickelten. An diese gelte es, ein klares Signal zu senden: „Wenn Du hier bleiben willst, halte Dich an Recht und Gesetz, sonst droht die Abschiebung.“