„Schön, dass es Sie gibt”
Als Notfallseelsorger in der Uckermark im Einsatz
Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Oliver Hauck
Die Notfallseelsorge (NFS) bietet Menschen in akuten Krisensituationen psychosoziale Hilfe, zum Beispiel nach einem Unfall, Suizid von Angehörigen oder Verbrechen. Gerhard Stechbart (75), pensionierter Pfarrer aus Lychen und Günter Münchow (68), Mitglied der Feuerwehr Baumgarten/Schenkenberg sind als Notfallseelsorger im regionalen Team Uckermark West aktiv.
„Kleinigkeiten können einen großen Unterschied in Grenzsituationen des Lebens machen. Es ist furchtbar, dann allein zu sein“, sagt Stechbart. „Man braucht oft gar nicht viel reden“, fügt Münchow hinzu. „Wichtig ist nur, dass jemand da ist.“
Was ist für sie zu tun am Ort des Unglücks? „Es ist jedes Mal neu und man muss sich auf die Situation einstellen. Am Schlimmsten ist es, wenn jemand da sitzt, gar nichts sagt und Sie nur anschaut“, sagt Münchow. „Manchmal können Menschen nicht sprechen nach einem Unglück, sind wie versteinert“, bestätigt Stechbart, „oder sie essen und trinken nicht mehr. Ich versuche zu empfinden, was dann Not tut: die Hand auflegen oder sich dazu knien oder in den Arm nehmen.“
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Notfallseelsorger sind jene, die sich um Menschen kümmern, die am Unfallort nicht mehr der unmittelbarer Gefahr ausgesetzt sind, während Rettungskräfte gefordert sind sich um jene in akuter Notlage zu kümmern. „Meine Seelsorger-Ausbildung hatte ich bereits vor zwölf Jahren. Anfangs weiß man nicht, ob man dafür geeignet ist, ob man das schafft. Bei jedem Einsatz bleibt etwas bei einem selbst zurück. Man muss das verarbeiten können“, so Münchow. Wenn es an die Substanz geht, ist es gut, selbst jemanden zum Reden zu haben. „Auch wir selbst können jederzeit einen der Teamkollegen anrufen“, sagt Münchow.
Wie ist es um die Ausstattung und Unterstützung für die NFS bestellt? „Wir sind mittlerweile dem Katastrophenschutz zugeordnet und so bei Einsätzen dienstlich unterwegs, damit rechtlich abgesichert. Und wir bekommen Fahrgeld und Uniformjacken gestellt – schließlich müssen wir erkennbar sein“, so Stechbart. Seine regionale Gruppe besteht aus sechs Männern und drei Frauen, eingeteilt in Tag- und Nachtdienste. Der jüngste ist 25 Jahre alt. Wer kann Notfallseelsorger werden und wie erfolgt die Auswahl? Stechbart: „Ich lade den Bewerber ein zum Gespräch und in unsere Teamsitzung, um zu erfahren, welche Motivation er hat. Danach kommt die Ausbildung als Seelsorger durch Psychologen. Aber erst die Praxis zeigt wirklich, wer geeignet ist.“
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Und wenn die Situation sehr belastend ist? „Wir haben die Möglichkeit, zu unseren Teamsitzungen einen Psychologen als Supervisor hinzuzuziehen. Der wird dann vom Kreis bezahlt. Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns für die Unterstützung des Landkreises bedanken und ebenso danken wir der Polizei und Feuerwehr für die gute Zusammenarbeit“, betonen beide. Was ist der Lohn der NFS für ihren Einsatz? „Wir freuen uns, wenn die Betroffenen zu uns sagen: ´Schön, dass es sie gibt´. Mehr brauchen wir nicht.“